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Prof. Dr. Thomas Koller
II VORLESUNG ZUM OBLIGATIOENRECHT BT

1. TEIL: VORBEMERKUNGEN UND INNOMINATKONTRAKTE

A
Aufbau und Funktion des OR BT

I. Aufbau

II. Funktion

• Rationalisierung
Die meisten Verträge passen in einen der gesetzlichen Vertragstypen, dies trotz der Vertragstypenfreiheit. Es ist möglich, einen Vertrag bewusst oder unbewusst lücken-haft zu belassen, weil man darauf vertrauen kann, dass Detailfragen bereits im Ge-setz geregelt sind. Der Aufwand bei Vertragsschluss kann so erheblich gesenkt wer-den. • Zwingende Normen Die Schranken der Vertragsinhaltsfreiheit lassen sich meist nicht schon im Allgemei-nen Teil festlegen, weshalb Bestimmungen darüber bei den konkreten Vertragstypen stehen. Probleme ergeben sich insbesondere bei den Innominatkontrakten, die eben gesetz-lich nicht geregelt sind, die aber dennoch eine grosse Nähe zu bestehenden Ver-tragstypen aufweisen können, so dass zwingendes Recht evtl. ebenfalls angewendet werden muss. • Formvorschriften (vgl. auch zwingende Normen) [BGE 113 II 434] (K/S 22-4) • Leistungsstörungen Die Regelung der Leistungsstörungen im AT ist nicht für alle Vertragstypen adäquat, weshalb sich oft Spezialregeln entwickelt haben (z.B. Kauf, Miete). Faktisch bleibt also nicht viel Raum für die Vertragstypenfreiheit. • „Bezugsrahmen", Referenz Oft werden die bestehenden gesetzlichen Regeln als Referenz für die Beurteilung abweichender Regelungen (insbes. in AGB, vgl. Art. 8 UWG1) verwendet. Vgl. dazu: BGE 119 II 443 (K/S 9-3) • Typenverdichtung 1 BG gegen den unlauteren Wettbewerb, SR 241 Prof. Dr. Thomas Koller In der Praxis erscheinende, neue Vertragstypen neigen dazu, sich zu standardisieren. Ist dieser Prozess weit fortgeschritten, mag es sein, dass der Gesetzgeber selbst die-sen Standart gesetzlich festschreibt.
III. Das Verhältnis des BT zum Allgemeinen Teil des OR

Neuerdings tritt die Trennung von AT und BT OR zurück zugunsten der anderen Tren-
nung von Konsumentenverträgen und Nicht-Konsumentenverträgen, die quer zur jener
verläuft (vgl. Art. 40a ff. OR, Art. 2 lit. a CISG, Art. 13 ff. LugÜ2).
Vgl. dazu: Skript, S. 82.
[BGE 121 III 336] (K/S 46-3) 1) Wie in der Mathematik ein Multiplikator vor die Klammer gezogen werden kann, ist im OR das für alle Verträge Gültige im AT festgelegt. Deshalb gilt der AT für alle Verträge, d.h. die Bestimmungen von AT und BT sind grundsätzlich kumulativ an-wendbar. 2) Widersprechen sich die Bestimmungen von AT und BT, gilt grundsätzlich das lex spe- cialis. So z.B. im Werkvertrag, nicht aber im Kaufvertrag. 3) Eine Bestimmung des AT kann jünger sein als eine des BT. Dann gilt die Regel des lex posterior. 4) Der Gesetzgeber kann explizit vorgeben, wann nur die Bestimmungen des BT an-
I. Vorbemerkungen

Vgl. dazu: [OR-SCHLUEP/AMSTUTZ: Grauer Kommentar, vor Art. 185]
SCHLUEP, SPR VII/2, S. 763 ff.
Die Vertragstypen des BT sind Vertragsmodelle, ein Vertrag fällt unter einen Typus,
wenn er ungefähr dem Modell entspricht.
II. Ausgangslagen

Das OR geht von der Vertragstypenfreiheit aus, die sich aus der Vertragsfreiheit ablei-
tet. Ein Vertrag muss nicht einem bestimmten Typus entsprechen. Damit aber ein Ver-
trag zustande kommen kann, bedarf es doch eines gewissen minimalen Konsenspro-
grammes.
Ein Dienstleistungsvertrag kann z.B. ohne die Festsetzung eines Preises zustande
kommen, die generelle Einigung über die Entgeltlichkeit genügt. Ein Kaufvertrag hin-
gegen nur, wenn der Preis in Ansätzen festlegbar ist. Die Nichteinigung über wichtige
Vertragspunkte kann aber nur als Indiz für das Nicht-schliessen-Wollen des Vertrages
gelten.
Vgl. dazu: [BGE 108 II 112] (K/S 11-3)
[BGE 119 II 347] (K/S 11-5) 2 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, SR 0.275.11 Prof. Dr. Thomas Koller
Die Vertragsgültigkeit ist somit keine Frage des Innominatkontrakte, sondern eine Fra-
ge der Typenfreiheit. Das Römische Recht kannte keine Typenfreiheit. Einen numerus
clausus
der Typen herrscht heute noch im Sachenrecht (es gibt keine beliebigen dingli-
chen Rechte), im Handelsrecht (begrenzte Zahlt juristischer Personen) und im Immate-
rialgüterrecht.
III. Klassierungsversuch

Aus dem Zwang zur Abstraktion folgt der Versuch der Klassifikation auch von nicht im
BT typisierten Verträgen. Diese Klassen haben allerdings für die Lösung von Rechts-
problemen wenig Erkenntniswert.
a) Atypische Verträge

Der Vertrag entspricht nicht genau einem Typus des BT, er enthält z.B. ein Element,
das nicht in den Typus passt.
b) Gemischte Verträge

aa) Typenkombinationsverträge
Eine Leistung kann in verschiedene Vertragstypen aufgeteilt werden, die andere erfolgt
in Geld, wobei sich die Geldsumme nicht den verschiedenen Vertragstypen zuordnen
lässt (z.B. Gastaufnahmevertrag, Fernkursvertrag).
bb) Doppeltypische Verträge
Hier steht auf beiden Seiten je eine Vertragsleistung, die einem bestimmten Vertragsty-
pus entspricht (z.B. Wohnung für den Abwart einer Liegenschaft). Problematisch ist die
Anwendung von z.B. sich widersprechenden zwingenden Bestimmungen.
cc) Verträge mit Typenverschmelzung
Die Hauptleistung kann verschiedenen Typen zugeordnet werden, die Verschmelzung
ist aber enger als beim Typenkombinationsvertrag (z.B. Schenkungskauf, Leasing).
c) Zusammengesetzte Verträge

Verträge, die auch unabhängig voneinander hätten geschlossen werden können, die aber
explizit aufeinander bezogen sind und nicht unabhängig bestehen sollen (z.B. der Ver-
kauf eines Grundstückes mit gleichzeitigem Auftrag zu dessen Bebauung durch den
Verkäufer). Fällt der eine Vertrag dahin (z.B. wegen Willensmangels), fällt auch der an-
dere.
d) Verträge sui generis

e) Realtypen

Verträge, die noch nicht gesetzlich geregelt sind, die aber schon so vereinheitlicht sind,
dass sie als Typus behandelt werden können.
IV. Rechtsanwendungsfragen

Prof. Dr. Thomas Koller Da die Innominatkontrakte gesetzlich nicht geregelt sind, stellt sich bei ihnen speziell
das Problem der Rechtsanwendung.
a) Ausgangspunkt: Der individuelle Vertrag

Zunächst muss festgestellt werden, was der wirkliche Wille der Parteien ist. Dann wird
der Vertrag nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt.
b) Vertragsergänzung (Stufenfolge)
aa) Normen des Allgemeinen Teils des OR bb) Hypothetischer Parteiwille Der Richter versucht für eine fehlende Vertragsregelung jene Regel zu finden, die redli-chen Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie sich der fehlenden Regel bewusst ge-wesen wären. cc) Dispositives Recht Lässt sich kein hypothetischer Parteiwille ermitteln, tritt an die Stelle der fehlenden Re-gel das dispositive Vertragsrecht (falls vorhanden). Oft sogar entspricht das dispositive Recht dem Willen (oder zumindest dem hypotheti-schen Parteiwillen) der Parteien und sie haben deshalb auf eine Regelung verzichtet. Dies darf jedoch nur bei geschäftsgewandten Parteien ohne weiteres angenommen, da dem Laienpublikum die Bestimmungen des Gesetzes oft nicht bekannt sind (z.B. Art. 185 OR). Für Innominatkontrakte gibt es verschiedene Theorien: Absorptionstheorie Es sollen die Regeln des gewichtigsten Vertragstypus gelten. Diese Theorie presst die Verträge in ein oftmals unangemessenes Schema. Kombinationstheorie Der Vertrag wird in seine Teile zerlegt und die jeweils geltenden Bestimmungen ange-wendet. Damit wird aber eine Einheit künstlich in Teile zerlegt, die so nicht gewollt sind. Ausserdem kann es dabei zu Problemen kommen, wenn sich Normen verschiede-ner Vertragstypen widersprechen (z.B. verschiedene Auflösungsmodalitäten beim Dienstwohnungsvertrag: Arbeits- oder Mietrecht?). Theorie der Übernahme gesetzlicher Einzelanordnungen „Blumenpflücktheorie": Für den konkreten Vertrag wird bei Rechtsfragen die jeweils adäquate Bestimmung aus dem BT angewandt. Der Nachteil dieser Theorie ist, dass das Resultat (das Gerichtsurteil) nicht oder nur schlecht voraussehbar ist. Diskurstheorie Rechtsprobleme sollen durch Diskussion (herrschaftsfreien Diskurs) gelöst werden. Diese Theorie hat allerdings keinen normativen Gehalt, sie beschreibt nur den Prozess der Entscheidfindung (z.B. im 5er-Gremium des BGer). dd) Handelsbräuche/Verkehrssitte Prof. Dr. Thomas Koller
ee) Gewohnheitsrecht (pro memoria)
ff) Richterliche Eigennorm
Bei bereits verdichteten Verträgen (Realtypen) werden sich für immer wiederkehrende
Rechtsprobleme Lösungen herausbilden. Richterliche Eigennormen (analog Art. 1
ZGB) sind insbesondere bei noch nicht verdichteten Verträgen gefordert.
c) Anwendung zwingenden Rechts auf Innominatkontrakte
Problemlos anwendbar sind die zwingenden Normen des OR AT. Die Normen des BT hingegen sind zunächst nur auf die jeweiligen Vertragstypen anzuwenden, dann aber auch auf Innominatkontrakte, wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Es gibt dazu verschiedene Ansichten: • Jeder Einzelvertrag muss für sich betrachtet werden. • Die zwingenden Normen des BT haben einen Anwendungskern, sie sind explizit auf den zugehörigen Vertragstypus anzuwenden, dann aber auch auf ähnliche Verträge, soweit bei ihnen auch dieselbe Schutzfunktion (welche zwingende Normen meistens haben) gefordert ist. Die Grenze zu ziehen, wann ein Vertrag nicht mehr ähnlich ge-nug ist, bleibt Aufgabe des Gerichts (z.B. Abgrenzung von Bürgschaft und Garantie-vertrag).
Es bleibt die Frage, wann Sozialschutznormen angewendet werden sollen: nur im Ge-
schäftsverkehr mit Konsumenten oder generell, auch bei Verträgen zwischen Geschäfts-
leuten?
V. Verdeutlichung anhand von Beispielen

a) Investitionsgüterleasing
Vgl. dazu: [BGE 118 II 150] (K/S 45-8) („Finanzierungsleasing 1") WIEGAND, in: ZBJV 1994, S. 267 ff. WIEGAND, in: recht 92, S. 110 ff. [BGE 114 II 239] (K/S 35-12)
b) Franchising

Vgl. dazu: [BGE 118 II 157] (K/S 45-9)
c) Trödelvertrag

Vgl. dazu: [BGE 69 II 110] (K/S 45-1)
d) „Die verunfallte Stute"
Prof. Dr. Thomas Koller Vgl. dazu: BGE 107 II 144 (K/S 12-4) Prof. Dr. Thomas Koller
2. TEIL: KAUFRECHT
§1 Der Kauf nach schweizerischem OR
Systematik und Überblickt

I. Aufbau der gesetzlichen Regelung

a) Die Systematik des 6. Titels des OR

Die allgemeinen Bestimmungen des Kaufrechts (Art. 184 ff. OR) sind nicht alle allge-
mein anwendbar. Gerade die Regelung des Gefahrenübergangs (Art. 185 OR) wird nur
zurückhaltend angewandt und beim Grundstückskauf vermutungsweise durch einen
Gefahrenübergang bei Besitzantritt des Käufers ersetzt.
Hingegen gelten die Bestimmungen des Fahrniskaufs (Art. 187 ff. OR) für alle Arten
des Kaufes, falls keine speziellen Bestimmungen etwas anderes vorschreiben. Auch der
Grundstückskauf (Art. 216 ff. OR) enthält Bestimmungen die allgemeine Geltung bean-
spruchen können.
b) Die Bedeutung dieser Systematik für die Rechtsanwendung

II. Hauptsächliche Erscheinungsformen des Kaufs

a) Der „gewöhnliche" Kauf

b) Der Grundstückkauf

c) Besondere Arten des Kaufes
Der Grundstückkauf

I. Anwendungsbereich

Was als Grundstück zu gelten hat, wird in Art. 655 ZGB festgehalten:
• Liegenschaften: Jede Bodenfläche mit genügend bestimmten Grenzen;
• selbständige und dauernde Rechte: Rechte die frei übertragbar (d.h. nicht mit einer Person oder einem Grundstück verbunden) und mindestens auf 30 Jahre errichtet sind (z.B. Baurechte, Quellenrechte); • Bergwerke: Vom Kanton erteilte Bewilligung zur bergwerkstechnischen Ausbeutung; • Miteigentumsanteile an Grundstücken: Miteigentum mit Sondernutzen (z.B. Stock- Der Kauf von Immobilienaktiengesellschaften unterliegt nicht dem Grundstückskauf. Es bedarf deshalb keiner öffentlichen Beurkundung, und ein grosser Teil des Immobili-arsachenrechts wird ausgeschaltet. Offen bleibt die Frage, was im Falle von Sachmän-geln passiert. Vgl. dazu: BGE 45 II 33 (franz.) Prof. Dr. Thomas Koller BGE 93 II 302 (franz.) JÄGGI, in: ZBGR3 74, S. 321 ff.
II. Besonderheiten der Immobilienübertragung

a) Eintragung in das Grundbuch

Um das Eigentum an einem Grundstück zu erwerben, bedarf es des Eintrages in das
Grundbuch (Ausnahme: Art. 656 II ZGB). Falls eine Gemeinde noch kein Grundbuch
hat, gilt bezüglich der Publizität weiter das alte kantonale Recht (SchlT. 46 ZGB).
b) Öffentliche Beurkundung
Die öffentliche Beurkundung als Formvorschrift erfüllt die folgenden Aufgaben: • Übereilungsschutz: Die Parteien sollen sich über den Vertrag bewusst werden; • Rechtssicherheit: Der Notar ist verpflichtet, die Parteien über gewisse rechtliche Folgen wie z.B. Grundstückgewinnsteuer, Handänderungssteuer zu unterrichten, und im Vertragsdokument muss der Wille der Parteien klar und unzweideutig zum Aus-druck kommen; • Grundlage für den Grundbucheintrag.
III. Der Umfang der öffentlichen Beurkundung

Vgl. dazu: [BGE 118 II 32] (K/S 10-1)
BGE 119 II 135 (ital.) WIEGAND, in: recht 93, S. 1 ff. BN 1997, S. 137 ff.4 [ist BGE vom 20.9.97]
Grundsätzlich müssen die objektiv und die subjektiv wesentlichen Vertragsbestimmun-
gen verurkundet werden.
a) Die objektiv wesentlichen Vertragsbestimmungen
• Grundstück (Bestimmbarkeit); • Parteien (vgl. dazu: BGE 112 II 26); • Verpflichtungsgrund (Kauf, Schenkung, Sicherheit, Treuhand usf.).
b) Die subjektiv wesentlichen Vertragsbestimmungen
„Im subjektiv wesentlichen Bereich ist der Formzwang auf diejenigen Vertragspunkte einzuschränken, die ihrer Natur nach ein Element des betreffenden Vertragstyps bilden. Verpflichtungen, die für den Grundstückskaufvertrag artfremd sind, bedürfen daher keiner Aufnahme in die öffentliche Urkunde, sofern das Versprochene nicht als zusätz- 3 Schweizerische Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht 4 Der Berner Notar Prof. Dr. Thomas Koller liche Gegenleistung einer Partei in das kaufrechtliche Austauschverhältnis einfliesst." BN 1997, S. 137 ff. [ist BGE vom 20.9.97] Es müssen nicht alle subjektiv wesentlichen Punkte verurkundet werden: Nur das, was geeignet ist, den Wert der ausgetauschten Leistungen zu beeinflussen. • Zusicherungen; • Freizeichnungsklauseln; • Architektenklauseln.
Schwieriger zu beurteilen sind zusammengesetzte Verträge. Soll z.B. ein Vertrag über
ein Grundstück, der die Klausel enthält, dass der Verkäufer zugleich die Bebauung der
Liegenschaft übernehmen soll, als einheitlicher Vertrag angesehen werden oder als zwei
sich gegenseitig bedingende Verträge (Kaufvertrag und Werkvertrag)? Im ersten Fall wä-
ren auch alle wesentlichen Bestimmungen des Werkvertrages (inkl. SIA-Normen) zu
verurkunden, was wohl kaum praktikabel wäre.
Vgl. dazu: BGE 117 II 259
IV. Die Folgen von Formfehlern

a) Grundsatz: Vertragsnichtigkeit

Ursprünglich führte ein Formmangel ohne weiteres zu Vertragsnichtigkeit.
b) Die abschwächende Praxis des Bundesgerichts
Dieses einfache Prinzip hat das Bundesgericht in vielen Fällen abgeschwächt. Im Grundsatz gilt nach wie vor, dass ein Formmangel zur Vertragsnichtigkeit führt, im Einzelfall kann aber die Berufung auf Nichtigkeit wegen Formmangels rechtsmiss-bräuchlich sein. Die Praxis des Bundesgerichts hat dazu geführt, dass heute die Ver-tragsnichtigkeit nahezu zur Ausnahme geworden ist und das Verbot der Berufung auf den Formmangel zur Regel. Dieses Verbot bedeutet, dass es einer Partei verwehrt ist, sich auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen, und dass dadurch der Vertrag (obwohl theoretisch noch immer nichtig) faktisch geheilt und aufrechterhalten wird. Rechtsmissbräuchlich ist die Berufung auf Formmangel in folgenden Fällen: • Wenn die beiden Parteien freiwillig und in Kenntnis des Mangels den Vertrag schon zur Hauptsache erfüllt haben; • bei Zweckwidrigkeit der Berufung auf den Mangel (z.B. um eine bessere Gelegenheit wahrzunehmen oder um der Gewährleistung zu entkommen); • wenn der sich Berufende den Mangel arglistig verursacht hat.
In jedem Fall aber gilt, dass, wenn der Vertrag noch nicht erfüllt ist, kein Erfüllungsan-
spruch besteht (evtl. aber ein Anspruch aus culpa in contrahendo).
c) Die Problematik der Schwarzzahlungen im Speziellen
Prof. Dr. Thomas Koller Schwarzzahlungen werden insbesondere zwecks Hinterziehung der Grundstücksge-
winnsteuern getätigt. Ebenfalls wegen der Notariatsgebühren und der Handänderungs-
steuern.
Die Konsequenz des zu niedrig angegebenen Kaufpreises ist die Formungültigkeit des
Kaufvertrages. Denn einerseits entspricht das beurkundete Geschäft nicht dem Kon-
sens der Parteien, und andererseits ist das dissimulierte Geschäft formungültig.
V. Vorverträge

Bedarf der Hauptvertrag der Beurkundung, muss auch der Vorvertrag beurkundet wer-
den (gleiche Formvorschrift für Vor- und Hauptvertrag, Art. 22 OR). Ist ein Vorvertrag,
wenn alle wesentlichen Punkte geregelt sind, nicht schon als Hauptvertrag zu werten?
Vgl. dazu: BUCHER AT, S. 1055
BUCHER BT, S. 48 ff.6 [BGE 118 II 32] (K/S 10-1)
VI. Kaufs-, Rückkaufs- und Vorkaufsrechte an Grundstücken

Solche Rechte sind Optionen vergleichbar. Sie sind (für Grundstücke) der öffentlichen
Beurkundung bedürftig, wenn man sich bezüglich des Preises (und für längere Zeit, bis
25 Jahre) bindet (limitierte Kaufsrechte). Auch dieser Fall ruft nach einem Übereilungs-
schutz.
Vorkaufsrechte ohne Preisvereinbarung (unlimitiertes Vorkaufsrecht) hingegen sind
nicht der Beurkundung bedürftig. Hier kann der Vorkaufsberechtigte zu einem von ei-
nem Dritten angebotenen Preis sein Recht geltend machen.
Vorkaufsrechte wirken grundsätzlich nur inter partes. Verkauft der Eigentümer das
Grundstück einem Dritten, wird er dem Vorkaufsberechtigten schadenersatzpflichtig.
Es ist jedoch möglich, auch solche relativen Rechte im Grundbuch zu vermerken. Ihnen
kommt dann dingliche Wirkung zu, d.h. der Käufer des Grundstückes wird aus dem
Vorkaufsrecht verpflichtet. Der Anspruch des Vorkaufsberechtigten verwirkt, wenn er
sein Recht nicht geltend macht, nach 3 Monaten. Sein Vorkaufsrecht wirkt jedoch für
einen späteren Verkauf weiter, höchstens aber für 25 Jahre.
Als Verkauf gilt auch die Erteilung eines Baurechtes, eine ausserordentlich lange Miete
usf. (vgl. Art. 216c OR).
Vgl. dazu: BGE 54 II 429
VII. Diverses

Für den Übergang von Nutzen und Gefahr gilt grundsätzlich Art. 185 OR (i.V.m. Art.
221 OR). Eine Ausnahme statuiert einzig Art. 220 OR.
Vgl. dazu: DEILLON-SCHEGG, in: recht 98, S. 25 ff.
Der Abzahlungskauf (Art. 226a ff. OR)
5 BUCHER, EUGEN: Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Zürich 1988. 6 BUCHER, EUGEN: Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 3. Auflage, Zürich 1988. Prof. Dr. Thomas Koller I. Entstehung und Funktion der Sonderregelung (Alexander Brunner)

Gewerbliche Beziehungen
Vgl. dazu: BRUNNER, in: AJP 1992, S. 591 ff.
II. Anwendungsbereich

a) Allgemeines/Methodologisches
• Lieferung bzw. Dienstleistung vor Bezahlung (Kreditierung); • Aufteilung der Zahlung / Teilzahlung.
b) Abgrenzungen im Einzelnen
Es ist von Bedeutung zu wissen, wann die Vorschriften Geltung haben und wann nicht, weil Nichtigkeit die Folge von Formvorschriften ist. Dazu muss geklärt werden, wann eine Umgehung der Vorschriften vorliegt (vgl. Art. 226m OR). Umgehung liegt dann vor, wenn versucht wird, auf einem ähnlichen Weg dasselbe (oder zumindest sehr ähnli-ches) Ziel zu erreichen, in der Hoffnung, dass die hinderliche Norm hier keine Geltung habe. aa) Einschränkungen des Geltungsbereiches Kein Anwendung finden die Vorschriften über den Abzahlungsvertrag in folgenden Fäl-len (Art. 226m IV OR): • Bei Geringfügigkeit des Geschäfts (weniger als CHF 200.- und nicht länger als • wenn der Käufer im Handelsregister eingetragen ist; • bei weniger als vier Ratenzahlungen; • wenn die Gegenstände üblicherweise vorwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke Verwendung finden. Zwei der erwähnten Kriterien sind allerdings nicht ganz glücklich gewählt. Denn die Vorschriften finden für im Handelsregister eingetragene Personen auch dann keine An-wendung, wenn die Käufe für den privaten Gebrauch getätigt werden. Und ebenso fin-den die Vorschriften bei Gegenständen, die vorwiegend gewerblichen oder beruflichen Prof. Dr. Thomas Koller Zwecken dienen, keine Anwendung, auch wenn sie für private Zwecke gekauft werden (z.B. Problem mit PCs). Vgl. dazu: [BGE 103 II 114] (K/S 28-2) bb) Ausweitung des Geltungsbereiches Eine Ausweitung erfahren die Vorschriften in Fällen, die dem Abzahlungsvertrag sehr ähnlich sind, die gleiche wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Damit soll die Umgehung der Vorschriften verhindert werden (Art. 226m I, II, III OR). • Miet-Kauf-Verträge • Mietverträge Formell wird mit einem Mietvertrag zwar nicht die gleiche Rechtsposition verschafft wie mit einem Kaufvertrag, jedoch können Mietverträge die gleichen oder ähnliche ökonomische Folgen haben wie Kaufverträge. Das Bundesgericht verlangt die An-wendung der Formvorschriften über den Abzahlungsvertrag dann, wenn bei der er-sten Kündigungsmöglichkeit bereits 20-25% des Neupreises „abbezahlt" sind. Diese Regelung wird jetzt aber vereitelt durch Art. 266k OR. Vgl. dazu: BGE 110 II 244 (K/S 11-4) BGE 113 II 168 (K/S 28-4) • Konsumgüterleasing Kann nur schwer von der Miete unterschieden werden, deswegen gelten die oben genannten Regeln auch hier. • Investitionsgüterleasing Eher selten im Bereich der Konsumentenverträge anzutreffen. • Sukzessivlieferungsverträge Wenn das Produkt bereits vollständig existiert und es auch als Einzellieferung gelei-stet werden könnte, dann liegt ein unechter Sukzessivlieferungsvertrag vor und es gelten die Vorschriften über den Abzahlungsvertrag. Wird das Produkt erst nach und nach produziert (z.B. eine mehrbändige Enzyklopädie), dann spricht man von einem echten Sukzessivlieferungsvertrag und die Vorschriften müssen nicht angewendet werden. Sollten laut Koller aber angewendet werden müssen. • Fernkursverträge Diese gelten dann als Abzahlungsverträge, wenn der Kauf des Kursmaterials im Vordergrund steht. cc) Der drittfinanzierte Abzahlungskauf Ein solcher Kauf liegt vor, wenn der Käufer je einen Vertrag mit dem Verkäufer und ei-nen mit einem (vom Verkäufer vermittelten) Kreditinstitut schliesst. Zumeist bezahlt dann das Kreditinstitut den Kredit direkt an den Verkäufer aus. Wirkt der Verkäufer mit dem Kreditinstitut zusammen, unterstehen beide Verträge dem Abzahlungsrecht (Art. 226m II, III OR). Leidet einer der Verträge an einem Formman-gel, sind beide Verträge nichtig. Prof. Dr. Thomas Koller
Vgl. dazu: [BGE 122 III 160] (K/S 28-7)
III. Einzelne wichtige Regelungen (Hinweise)

Abzahlungsverträge bedürfen der Form, bei Gewerblichkeit sogar einer qualifizierten
(Art. 226a I, II OR). Wenn eines der Elemente aus Art. 226a III OR fehlt, ist der Ver-
trag nichtig.
Vgl. dazu: BGE 110 II 244 (K/S 11-4)
IV. Verhältnis zu Art. 40a ff. OR

Für die Anwendung der Art. 40a ff. OR entscheidet nicht die Art des Vertrages, son-
dern die Art und Weise des Zustandekommens. Dabei kann es wohl zu Überschneidun-
gen mit anderen Konsumentenschutzregelungen kommen. Dann fragt es sich, welche
Regeln anzuwenden seien. Meist ist das kein Problem, wenn die Regeln sich nicht wi-
dersprechen.
Kommt es allerdings zu Widersprüchen (z.B. verschiedene Rücktrittszeiten, Genehmi-
gungsmodalitäten usf.), muss entschieden werden welche Regeln zur Anwendung kom-
men. Das lex specialis? Oder das lex posterior? Das ist oft unklar, es gibt keine logische
Lösung.
V. Das Bundesgesetz über den Konsumkredit vom 8.10.1993 (KKG)7

a) Zweck

b) Grundlegende Aspekte

Das KKG gibt vor allem einige Punkte vor, die unbedingt im Vertrag erwähnt sein müs-
sen (effektiver Jahreszins usf.), ansonsten der Vertrag nichtig ist. Bei Nichtigkeit muss
der Kreditnehmer den Kredit in den im Vertrag vorgesehen Raten zurückzahlen, jedoch
muss er keinen Zins bezahlen.
c) Verhältnis zu anderen Rechtsnormen
Vgl. dazu: plädoyer 2/98, S. 2 f.; Vorentwurf zu einem revidierten Konsumkreditgesetz von 1997. §2 Die United Nations Convention on Contracts for the International Sale of
Goods (CISG; „Wiener Kaufrecht")8
Die Bedeutung der CISG
7 SR 221.214.1 8 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf, SR 0.221.211.1 Prof. Dr. Thomas Koller I. Allgemeines

a) Die praktische Bedeutung der CISG
• Es sind bisher ungefähr 45 Staaten dem Abkommen beigetreten; • fast alle Exportgeschäfte unterstehen der CISG (Faustregel!).
b) Terminologie

In der englischsprachigen Welt spricht man allgemein von der CISG. In der Schweiz
herrscht allerdings die Bezeichnung „Wiener Kaufrecht" vor. In Deutschland auch etwa
„Einheitliches UN-Kaufrecht (UNKR).
c) Literatur
Vgl. dazu: KELLER/SIEHR, S. 153 ff.9 HONSELL BT, S. 117 ff.10
d) Fundstellen
Rechtsprechung: www.cisg.law.pace.edu CLOUT (Zeitschrift von UNCITRAL) Zeitschrift für europäisches Privatrecht (ZeuP)
II. Die juristische Bedeutung der CISG auf dem Wege zu einer internationalen
Vereinheitlichung des Obligationenrechts

III. Überblick über die Neuerungen des CISG im Verhältnis zum Schweizeri-
schen OR

a) Anwendung des Kaufrechts auf Werklieferverträge

b) Sachqualität als Bestandteil der prinzipalen Leistungspflicht des Verkäufers

c) Fundamental breach of contract als wichtige Trennlinie im Leistungsstö-
rungsrecht

d) Abnahmepflicht des Käufers als Schuldpflicht

e) Übergang der Preisgefahr

f) Weiteres
Anwendungsbereich und Vertragsschluss
9 KELLER, MAX, SIEHR, KURT, Kaufrecht, Kaufrecht des OR und Wiener UN-Kaufrecht, 3. überarbeitete und ergänzte Auflage, Zürich 1995. 10 HONSELL, HEINRICH, Schweizerisches Obligationenrecht Besonderer Teil, 4. neubearbeitete Auflage, Bern 1997. Prof. Dr. Thomas Koller
I. Der Anwendungsbereich der CISG (Teil I des Abkommens)

a) Grundsätzliches (Art. 1 I lit. a CISG)
Für die Anwendung der CISG ist zunächst stets nach folgendem Prüfkatalog vorzuge-hen: Örtlicher Anwendungsbereich? Sachlicher Anwendungsbereich? CISG wegbedun-gen? Ist diese inhaltliche Frage von der CISG geregelt? aa) Kaufvertrag Die CISG bietet keine Definition des Kaufes, sie verweist nur - wie auch das OR in Art. 184 ff. - auf die Rechte und Pflichten von Verkäufer und Käufer (Art. 30 ff., 53 ff. CISG). Teilweise problematisch wird die Abgrenzung im Bereich der Innominatkontrakte, wenn nicht ganz klar ist, ob der Aspekt der Sachübereignung oder eher derjenige der Sachüberlassung erfüllt ist. bb) Waren Bewusst wurde auf den rechtstechnisch vorbelasteten Begriff der Sache verzichtet. Un-ter Waren (engl. goods; franz. marchandise) sind sowohl Gattungswaren wie Einzel-stücke zu verstehen. Nicht darunter fallen aber z.B. Grundstücke. Software kann, so-weit sie auf Datenträgern und nicht z.B. übers Internet veräussert wird, auch darunter fallen. cc) Ansässigkeit der Kaufvertragsparteien in verschiedenen Vertragsstaaten (Art. 1 I lit.
Die CISG gelangt zur Anwendung, wenn die Vertragsparteien je in einem andern Staat
ansässig sind, und diese beiden Länder dem Abkommen beigetreten sind.
b) Die „expansive" Kraft der CISG (Art. 1 I lit. b CISG)

Die CISG gelangt aber auch dann zur Anwendung, wenn nur eine der Vertragsparteien
in einem Vertragsstaat der CISG ansässig ist, und wenn nach dem IPRG11 das Recht
dieses Staates zur Anwendung kommt. Kommt nach dem IPRG das Recht des Nicht-
vertragsstaates zur Anwendung, dann untersteht der Vertrag nicht der CISG.
c) Anwendungsausschlüsse (Art. 2 CISG)
Warenkäufe zum persönlichen Gebrauch (Konsumentenverträge) unterliegen nicht der CISG. Dies deshalb, weil die CISG die Verbraucherschutznormen, die unterschiedlich streng angelegt sind, nicht ausschalten möchte. Verkäufe Privater an gewerbsmässige Käufer hingegen unterstehen der CISG. Vgl. dazu: [BGE 121 III 336] (K/S 46-3) 11 BG über das Internationale Privatrecht, SR 291 Prof. Dr. Thomas Koller
d) Die Anwendung der CISG auf Werklieferungsverträge (Art. 3 CISG)

Kauf- und Werkverträge unterliegen beide der CISG. Ausser wenn der Besteller die zu
verarbeitenden Stoffe selber liefert. (Nähe zum Dienstleistungsvertrag, welcher nicht
der CISG untersteht.)
e)Ausschluss der Haftung für Tod oder Körperverletzungen (Art. 5 CISG)

Wie schon bei den Konsumentenverträgen soll die verschieden ausgestaltete Produkte-
haftpflicht (in Europa zumeist eine Kausalhaftung) der einzelnen Länder nicht ausge-
schaltet werden.
Zumeist wird jedoch nicht der Importeur einer Ware von einem derartigen Schaden be-
troffen, sondern ein Konsument, der die Ware von jenem gekauft hat. Nach dem
PrHG12 muss der Importeur dafür aufkommen. Ob er aber den Schaden dem Hersteller
überwälzen kann, ist umstritten. Teilweise wird angenommen, Art. 5 CISG sei auch auf
diesen Fall anzuwenden.
f) Die Disponibiliät der CISG (Abwählbarkeit, abweichende Parteiabreden, Art.

Durch Auslegung des Vertrages muss festgestellt werden, ob die CISG wegbedungen
worden ist oder nicht. Wird beispielsweise ausdrücklich „schweizerisches Recht" als
anwendbar erklärt, kann dies einerseits bedeuten, das die CISG - als Teil des schweize-
rischen Rechts - zur Anwendung kommt, oder es kann bedeuten, dass die Vertragspar-
teien damit ausdrücklich die Regelung des schweizerischen OR meinten.
g) In der CISG nicht geregelte Materien
Nicht in der CISG geregelte Materien sind weiterhin nach dem (durch das IPRG zur Anwendung gelangenden) nationalen Recht zu beurteilen. aa) Eigentumsübergang Die Eigentumsübertragung war, aufgrund der vielen verschiedenen Systeme, nicht ein-heitlich zu regeln. Im internationalen Warenverkehr ist die Frage des Eigentums sowie-so von geringerer Bedeutung als beispielsweise die Frage der Verfügungsmacht. bb) Vertragsgültigkeit Gültigkeit (engl. validity, franz. validité) meint allein inhaltliche Gültigkeit des Vertra-ges. Nur die Frage nach dem gültigen Zustandekommen des Vertrages (engl. fomation, franz. formation) wird in der CISG geregelt. Weiterhin durch das jeweils anwendbare nationale Recht geregelt sind: • Die Rechts- und Handlungsfähigkeit; • die Stellvertretung und; • die Sitten- und Rechtswidrigkeit (Art. 19, 20 OR). 12 BG über die Produktehaftpflicht, SR 221.112.944 Prof. Dr. Thomas Koller Nachträgliche Unmöglichkeit wird (wie im OR) als Leistungsstörung behandelt. Unklar
ist die Bewertung der ursprünglichen Unmöglichkeit. Ist sie eine Frage der Gültigkeit
oder eine Leistungsstörung? Art. 68 CISG weist eher auf eine Behandlung als Leistungs-
störung hin.
cc) Irrtumsanfechtung
Als eine Frage der Gültigkeit regelt die CISG den Irrtum nicht. Der Irrtum über die
Sachqualität (Grundlagenirrtum) muss als Leistungsstörung behandelt werden, soll das
vereinheitlichte Recht nicht ausgehöhlt werden.
dd)Täuschung und Drohung
Nach anwendbarem nationalem Recht zu beurteilen.
ee) Verjährung
Fragen der Verjährung werden in der CISG nicht geregelt. Einzig in Art. 39 CISG findet
eine Frist Erwähnung: Das Recht auf Mängelrüge verwirkt mit Ablauf von zwei Jahren.
Nun hat die Rügefrist des Art. 210 OR (1 Jahr) neben der Funktion der Verwirkung
auch die Funktion der Verjährung der Klage auf Gewährleistung. Es fragt sich nun, ob
die längere Frist des Art. 39 CISG sich auch auf die Verjährung der Klage erstreckt oder
nur auf die Verwirkung der Mängelrüge? Ist sie nur Verwirkungsfrist, wird der Käufer
zwar während der Frist von zwei Jahren die Mängelrüge anbringen können (und später
einredeweise vorbringen können), jedoch kann er nach Ablauf des ersten Jahres nicht
mehr auf Wandelung oder Minderung klagen.
ff) Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Die vom Bundesgericht entwickelten Regeln zu Unklarheit und Ungewöhnlichkeit von
AGB-Klauseln können im Zusammenhang mit der CISG nicht angewandt werden, da
sie Fragen des Konsenses beschlagen, die diesfalls allein durch die CISG geregelt sind.
Es bleibt nur die Inhaltskontrolle nach Art. 8 UWG, wobei dessen Reichweite noch un-
geklärt ist. D.h. für Vertragspartner in best. Konstellationen entfiele evtl. jeder Schutz.
II. Der Vertragsschluss nach der CISG (Teil II des Abkommens)

a) Vorbemerkungen
aa) Aufbau der CISG bb) Abdingbarkeit von Teil II oder Teil III durch die Vertragsstaaten (Art. 92 CISG)
cc) Allgemeine Bestimmungen
Art. 7 CISG regelt die Auslegung des Vertrages und des Gesetzes. Es sollen nicht na-
tionale Auslegungskriterien zum Zuge kommen, sondern die Auslegung soll in völker-
rechtlichem Sinn und Geist vorgenommen werden.
b) Vertragsschlussregeln
Prof. Dr. Thomas Koller aa) Grundsatz: Konsensprinzip Auch wenn nirgends erwähnt, gilt für das CISG (wie für das OR) im Grundsatz das Konsensprinzip. D.h. bei Konsens müssen die Regeln von Art. 14 ff. CISG bzw. Art. 3 ff. OR keine Beachtung finden. bb) Offerte α) Keine Bindungswirkung als Grundsatz (Art. 16 I CISG) Das OR, das BGB und die skandinavischen Privatrechtsordnungen kennen die Bin-dungswirkung der Offerte. Die CISG jedoch vermutet die Offerte als grundsätzlich widerruflich. Solange die Annahme noch nicht abgesandt ist, kann sie widerrufen werden. Es ergibt sich so eine Zwischenphase, in der die Offerte zwar nicht mehr widerrufbar ist, der Vertrag aber auch noch nicht gültig besteht (denn für den Ver-tragsschluss gilt das Zugangsprinzip). β) Bindungswirkung als „Ausnahme" (Art. 16 II CISG) An eine Offerte ist nur gebunden, wer den Willen dazu ausdrücklich erklärt hat (Art. 16 II lit. a CISG) oder wenn der Empfänger der Offerte vernünftigerweise auf den Willen gebunden zu sein des Offerenten vertrauen konnte und er im Vertrauen dar-auf schon gehandelt hat (Art. 16 II lit. b CISG). cc) Annahme α) Wirksamkeit der Annahme (Art. 18 CISG) β) Modifikation der Offerte in der Annahme (Problematik des Bestätigungsschreibens, Art. 19 χ) Verspätete Annahme (Art. 21 CISG) δ) Widerruf der Annahme (Art. 22 CISG) ε) Hinweis auf weitere („technische") Bestimmungen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen über den Warenkauf (Teil III
des Abkommens

I. Bedeutung und Aufbau von Teil III

Die Kapitel I und V enthalten beide allgemeine Bestimmungen zum Kaufrecht bzw.
Schadenersatzrecht.
Prof. Dr. Thomas Koller
II. Allgemeine Bestimmungen

a) Fundamental breach of contract (Art. 25 CISG)

aa) Die Funktion der wesentlichen Vertragsverletzung
Zahlreiche Ansprüche (z.B. Auflösung des Vertrages, Recht auf Nachlieferung anderer
Ware, Zurückgehen der Preisgefahr geht auf den Verkäufer) stehen den Parteien nur bei
einer wesentlichen Vertragsverletzung (z.B. subj. oder obj. Unmöglichkeit der Leistung)
zu, weil mit diesen Instrumenten für den Beanspruchten vielfach hohe Kosten verbun-
den sind.
bb) Was ist eine wesentliche Vertragsverletzung?
Für die Wesentlichkeit von Vertragspflichten ist zunächst das vertraglich vereinbarte
Pflichtprogramm die Grundlage. Jeder Punkt kann durch Vertragsabrede zu einem we-
sentlichen gemacht werden, auch Nebenpunkte. Ist nichts ausdrücklich vereinbart, las-
sen sich wesentliche Pflichten auch durch Vertragsauslegung erkennen.
b) Wirksamkeit einer einseitigen Vertragsaufhebungserklärung (Art. 26 CISG)

c) Absendeprinzip (Art. 27 CISG)

Sämtliche Erklärungen im Rahmen eines bereits bestehenden Vertrages unterliegen dem
Absendeprinzip. D.h. auch verloren gegangene Erklärungen sind wirksam (allerdings
nur bei Wahl eines geeigneten Beförderungsmittels). Dies ist zwar eine ziemlich einsei-
tige Risikoverteilung, sie kann aber vertraglich anders geregelt werden.
d) Die Problematik des Anspruchs auf Realerfüllung (specific performance, Art.

Der Anspruch auf Realerfüllung besteht nur, wenn der Richter auch in nationalen Kauf-
fällen zu Realerfüllung verurteilen würde. Die Realerfüllung bedeutet einen schweren
Eingriff in die Persönlichkeit, weshalb in vielen Ländern nur in Geld verurteilt wird.
e) Vertragsänderung oder -aufhebung durch Vereinbarung der Parteien (Art. 29

III. Die Pflichten des Verkäufers

Prof. Dr. Thomas Koller Die ersten beiden Abschnitte des 2. Kapitels umschreiben das Pflichtprogramm des
Verkäufers, während der dritte Abschnitt die Rechte des Käufers bei Pflichtverletzung
durch den Verkäufer enthält.
a) Das Pflichtenprogramm des Verkäufers

aa) Lieferung der Ware (Art. 31 ff. CISG)
Die CISG legt, neben der Lieferung der Ware selbst, grossen Wert auch auf die Liefe-
rung der zugehörigen Papiere und Dokumente, weil ohne diese Waren oftmals völlig
wertlos sind.
bb) Vertragsmässigkeit der Ware (Art. 35 ff. CISG)
Auch die CISG - wie das OR - kennt den subjektiven Mangelbegriff. Anders aber als
das OR, macht die CISG keinen Unterschied zwischen aliud- und peius-Lieferung.
In Art. 40 CISG wird ein normatives Kriterium für das Kennen des Mangels durch den
Verkäufer aufgestellt, damit muss der Käufer nicht - wie im OR - dem Verkäufer ab-
sichtliche Täuschung nachweisen. Arglist ist nicht gefordert, Fahrlässigkeit genügt. So
lässt sich auch die aus der Nichtbeachtung des Unterschiedes von aliud und peius ent-
stehende Verschärfung wieder etwas mildern. Denn bei krasser aliud-Lieferung kann
wohl der Art. 40 CISG angewendet werden.
cc) „Rechtsmängel" (Art. 41 ff. CISG)
b) Die Rechtsbehelfe des Käufers bei Pflichtverletzungen des Verkäufers
aa) Terminologie bb) Grundsätze α) Einheitliches Sanktionensystem β) Schadenersatz Schadenersatz kann - wie im OR - kumulativ zu andern Rechten geltend gemacht werden. cc) Die übrigen Rechtsbehelfe des Käufers (Art. 46 - 52 CISG) α) Vertragsaufhebung (Art. 49 CISG) Die Vertragsaufhebung, als für den Verkäufer evtl. sehr belastender Rechtsbehelf, kann der Käufer nur bei wesentlicher Vertragsverletzung (oder Nichtlieferung) gel-tend machen. Zugleich gibt die Auflösung dem Verkäufer und dem Käufer die volle Dispositions-fähigkeit zurück, sei es, sich andere Ware zu beschaffen oder die Ware anderweitig zu verkaufen. β) Minderung (Art. 50 CISG) Prof. Dr. Thomas Koller χ) Nachbesserungsrecht des Käufers und des Verkäufers (Art. 46 III, 48 CISG) Nachbesserung kann bei wesentlicher oder unwesentlicher Vertragsverletzung ver-langt werden. δ) Ersatzlieferung (Art. 46 II CISG) Eine Ersatzlieferung kann der Käufer nur bei wesentlicher Vertragsverletzung for-dern. IV. Die Pflichten des Käufers (Art. 53 ff. CISG)

a) Die Annahme der Ware (Art. 60 CISG)

Die Annahme der Ware ist eine Pflicht, nicht nur eine Obliegenheit (solche kennt die
CISG nicht).
b) Die Preiszahlung (Art. 54 ff. CISG)

Die Leitung Zug-um-Zug kommt im kommerziellen Handel kaum vor. Allerdings lässt
Art. 58 CISG der Schluss zu, dass den beiden Parteien, wenn keine Vorleistungspflicht
vereinbart ist, je ein Retentionsrecht (Rückbehaltungsrecht) zukommt.
Art. 55 CISG kommt dann zur Geltung, wenn sich die Parteien über die Existenz des
Vertrages einig sind, wenn keine Partei die Vertragsentstehung in Abrede stellt. In an-
dern Fällen gilt Art. 14 CISG.
c) Die Folgen der Pflichtverletzung

V. Gemeinsame Bestimmung über die Pflichten des Verkäufers und des Käufers

a) Vorweggenommene Vertragsverletzung („anticipatory breach"; Art. 71 ff.

aa) Verschlechterungseinrede (Art. 71 CISG)
Wenn sich aus der Sicht einer vernünftigen Person (Art. 8 II CISG) mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit die Prognose stellen lässt, dass die Gegenpartei unfähig sein wird,
die Leistung zu erbringen (z.B. Fabrik brennt ab, Schwierigkeit mit der Liquidität), wer-
den die Vertragspflichten ausgesetzt, bis z.B. Sicherheiten geleistet worden sind.
bb) Vorweggenommener Vertragsbruch (anticipatory breach of contract; Art. 72 CISG)
Wenn der Vertragsbruch der Gegenpartei sich offensichtlich voraussehen lässt, z.B. weil
sie das Bestehen des Vertrages überhaupt bestreitet.
b) Schadenersatz (Art. 74 ff. CISG)
Die Grundzüge der Schadenersatzordnung der CISG entsprechen derjenigen des OR: Prof. Dr. Thomas Koller • Art. 74 CISG: konkreter Schaden + konkret entgangener Gewinn. Allerdings gilt als Einschränkung des Schadenersatzes bzw. der Haftung eine sog. Voraussehbarkeits-regel (vergleichbar der Rechtsfigur der adäquaten Kausalität). Wer den Vertrag ver-letzt hat nur für voraussehbare bzw. vertragsimmanente Vertragsrisiken einzustehen. Vgl. dazu: [BGE 116 II 441] (K/S 17-16) • Art. 75 CISG: Differenz zwischen Kauf bzw. Verkauf und Deckungskauf bzw. Dek- kungsverkauf (einfachere Schadenberechnung, da keine hypothetischen Posten nach-zuweisen sind). • Art. 76 CISG: hypothetischer Deckungskauf bzw. -verkauf.
c) Haftungsbefreiung (Art. 79f. CISG)

aa) Allgemeines
Keine Entlastungsmöglichkeit, da der Verkäufer wie im OR kausal haftet, gibt es für
Minderung, Wandelung und Rücktritt. Die Regel von Art. 79 CISG gilt demnach nur für
den Schadenersatz.
Sie gleicht zwar Art. 97 OR, es kommt aber nicht auf das subjektive Verschulden an,
sondern darauf, ob sich der Hinderungsgrund für die Vertragserfüllung ausserhalb des
Einflussbereiches desjenigen befindet, der den Vertrag verletzt.
bb) Hilfspersonenhaftung
Hilfspersonenhaftung nach Art. 101 OR fällt noch unter Art. 79 I CISG. Für Substitu-
ten, Auftragnehmer u.ä. gilt Art. 79 II CISG.
d) Wirkungen des Vertragsrücktritts (Art. 81 ff. CISG)

Im Falle des Rücktritts wird der Vertrag wie bei Art. 109 OR in ein Rückabwicklungs-
verhältnis umgewandelt (Umwandlungstheorie). Diese Vorgehen trägt vor allem den
verschiedenen nationalen Eigentumsübertragungssystemen Rechnung indem es trotz
deren Verschiedenheit eine einheitliche Lösung der Rückabwicklung ermöglicht.
e) Erhaltung der Ware (Art. 85 ff. CISG)

VI. Die Preisgefahr (Art. 66 ff. CISG)

Die Leistungsgefahr wird im Kapitel II CISG geregelt.
a) Grundregel: Sachübergabe bzw. Annahmeverzug des Käufers

Grundsätzlich geht die Preisgefahr mit Sachübergabe (nicht mit Eigentumsübertragung!)
bzw. Eintritt des Annahmeverzuges auf den Käufer über.
Als Zufall gilt alles, was nicht dem Verkäufer zugerechnet werden kann.
b) Ausnahmen
aa) Übergabe an den ersten Frachtführer Prof. Dr. Thomas Koller bb) Verabredungen eines Übergabeortes cc) Goods sold in transitu Gilt nur für den Schiffsverkehr, nicht für Lastwagen oder die Eisenbahn. Von grosser Bedeutung sind hier nach wie vor die Incoterms. Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten bei Kaufverträgen, die der CISG
unterstehen

I. Die CISG als dispositives Recht

Die CISG kann als ganze abgewählt werden.
II. Anforderungen an abweichende Bestimmungen

III. Einzelprobleme


I. Die CISG als Kompromiss zwischen zahlreichen Rechtsordnungen

II. Das Problem der einheitlichen Rechtsanwendung

a) Der Rückgriff auf die eigene Rechtstradition?

b) Das Fehlen einer internationalen Gerichtsinstanz

III. Künftige Reflexwirkungen der CISG auf das nationale Kaufrecht

Vgl. dazu: BUCHER, in: recht 96, S. 178
Prof. Dr. Thomas Koller
3. TEIL: WERKVERTRAG, AUFTRAG, ARBEITSVERTRAG

A

I. Die Bedeutung der Dienstleistungsverträge in der modernen Dienstlei-

Dienstleistungsverträge weisen meist einen viel grösseren Umfang auf als Kaufverträge
und der richterlichen Lückenfüllung kommt grössere Bedeutung zu. Dies deshalb, weil
die Dienstleistungsverträge (noch) weniger „dicht" kodifiziert sind als beispielsweise der
Kaufvertrag (fehlende Rationalisierungsfunktion des Gesetzes). Dienstleistungsverträge
werden erst heute in ihrer Bedeutung richtig erkannt, was zum Entstehen von Gesetzen
in verschiedenen Teilgebieten geführt hat: Pauschalreisegesetz, Arbeitsvermittlungsge-
setz usf.
II. Bedeutung der Typusfrage

a) Art. 394 II OR und seine Entstehungsgeschichte

Nach seinem Wortlaut bedeutete der Art. 394 II OR, dass alle Dienstleistungsverträge
(oder Verträge mit Dienstleistungsanteil), die nicht unter einen anderen speziellen Ver-
tragstypus fallen, nach Auftragsrecht zu beurteilen wären. Es gäbe bezüglich der Dienst-
leistungsverträge keine Typenfreiheit mehr. Die Gültigkeit des Vertrages wäre zwar
nicht berührt, aber die Frage der Einordnung und der Rechtsfolgen bereits beantwortet.
Mit den Regeln des Auftrages liesse sich leben, mit Ausnahme von Art. 404 OR: Diese
Norm widerspricht im kommerziellen Vertragsrecht eindeutig dem Prinzip der Vertrag-
streue (pacta sunt servanda). Dass diese aber eine zwingende Norm ist, hat das BGer –
zumindest für typische Auftragsverhältnisse – in konstanter Rechtsprechung bestätigt.
Vgl. dazu: Skript S. 123.
Es fragt sich, ob die Einordnung aller Dienstleistungsverträge unter das Auftragsrecht
dem Willen des Gesetzgebers entspricht? Dazu muss man sich die Entstehungsge-
schichte dieser Norm verdeutlichen: In Abgrenzung zum deutschen BGB § 611 und §
662, wo ein Unterschied zwischen entgeltlichem Dienstvertrag und unentgeltlichem
Auftrag (Mandat) gemacht wird, wollte man explizit ausdrücken, dass der Auftrag im
OR entgeltlich und unentgeltlich sein kann.
Hinzu kommt, dass früher der Auftrag nicht ein eigentlicher Vertrag war, sondern nur
die Regelung des Innenverhältnisses der Stellvertretung betraf. Heute sind Stellvertre-
tung und Auftrag zwei grundlegend verschiedene Rechtsverhältnisse.
Diese zeigt, dass der Gesetzgeber nicht alle Dienstleistungsverträge dem Auftragsrecht
unterstellen wollte, es kann neben dem Auftrag auch Innominatkontrakte geben.
b) Die frühere, schwankende Rechtsprechung des Bundesgerichts
Das BGer hatte mit der Beurteilung von Art. 394 II OR zunächst keine Probleme, bis im Berner Kommentar von Gautschi die Meinung der Typenbegrenzung der Dienstlei-stungsverträge vertreten wurde. Vgl. dazu: BGE 98 II 305 Prof. Dr. Thomas Koller [BGE 104 II 110] (K/S 6-4)
Die an dieser Praxisänderung geübte Kritik führte zu einer erneuten Praxisänderung, so-
dass heute wieder von der Typenfreiheit der Dienstleistungsverträge ausgegangen wer-
den kann.
Vgl. dazu: [BGE 109 II 465] (K/S 27-2)
c) Das Auftragsrecht als Auffangtatbestand für Zweifelsfälle

III. Abgrenzungsprobleme bei den sog. „Arbeitsobligationen"

a) Ausgangslage: wirtschaftliche bzw. soziale Realität
Die Abgrenzung von Werkvertrag, Auftrag und Arbeitsvertrag ist deshalb von grosser Bedeutung, weil der Arbeitsvertrag viele zwingende Normen zum Schutz des Arbeit-nehmers enthält, die diesem nicht zugute kommen, wenn ein anderer Vertragsverhältnis angenommen wird. Besteht zwischen einem Computerspezialisten, der zu Hause für eine Unternehmung eine Buchhaltungssoftware programmiert, und dem Unternehmen ein Werkvertrag, ein Auftrag oder ein Arbeitsvertrag? Vgl. dazu: FELLMANN, in: AJP 97, S. 172 ff. KRAMER, in: AJP 97, S. 165 ff. LANZ, in: AJP 97, S. 1463 ff.
b) Einzelne Aspekte
aa) Arbeitsvertrag • keine Subordination • keine Subordination • Subordination (aber u.U. Weisungsbe- fugnis des Mandanten) (franz.)] (K/S 34-3) • Erfolgsbezogene Vergü- • Vergütung für Tätigkeit • Vergütung für Tätig- Prof. Dr. Thomas Koller fixer Monatslohn selbständige Unternehmer Von besonderer Bedeutung für die Abgrenzung des Arbeitsvertrages von den übrigen Verträgen ist die Weisungsdichte bzw. die Freiheit, die dem Dienstleistenden bei Aus-übung der Tätigkeit eingeräumt wird. Bei Akkordlohn besteht zwar eine gewisse Ähnlichkeit zum Werkvertrag. Über die Qualität der Arbeit bzw. des Abzuliefernden ist aber - im Gegensatz zum Werkvertrag - nichts vereinbart. Der Werkvertrag

Vgl. dazu: GAUCH, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996
I. Aufbau der gesetzlichen Regelung

a) Umschreibung des Werkvertrages

Der Unternehmer hat das Werk herzustellen (Erfolg, Ablieferung) und der Besteller den
Preis bzw. die Vergütung zu bezahlen (Art. 363 OR).
b) Zentrale Begriffe
aa) Vergütung bzw. Werklohn α) Die Festsetzung des Werklohnes 13 Arbeit auf Abruf: „. Das Bundesgericht lehnt es ab, die sogenannte ‚Arbeit auf Abruf‘ als nichtige Beschäftigungsform zu betrachten, weil sie angeblich gegen den Grundsatz verstösst, wonach die zu leistende Arbeit bestimmt oder zumin- dest bestimmbar sein muss. Lauf einem neuen Urteil . steht das Gesetz einer Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht von vornherein entgegen. Und es ist nicht einzusehen, weshalb Beschäftigungsformen an sich gesetzwidrig sein sollten, bei welchen der Arbeitnehmer je nach Arbeitsanfall beansprucht wird. . Dies gilt . sowohl dort, wo jeder Einsatz ein gegenseitiges Einverständnis erfordert (uneigentliche Teilzeitarbeit), wie auch für Vertragsverhältnisse, die es dem Arbeitgeber erlauben, den Arbeitnehmer einseitig abzurufen (kapazitätsorien- tierte variable Arbeitszeit). Weiter prüft das Urteil . die Frage, ob die Zeit zu entschädigen ist, während deren sich der Arbeitnehmer für einen allfälligen Einsatz bereithalten muss: ‚Davon ist zweifellos auszugehen, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb auf Arbeit wartet. Dieser Bereitschaftsdienst zählt als normale Arbeitszeit und ist mangels abweichender Ver- einbarung entsprechend zu entlöhnen.‘ Anders verhält es sich, wo der Arbeitnehmer ausserhalb des Betriebs auf seinen Einsatz wartet. Ob der Arbeitgeber auch für diese ‚Rufbereitschaft‘ eine Entschädigung schuldet, ist umstritten, wird jetzt aber . grundsätzlich bejaht. . Indes ist zu berücksichtigen, dass dieser Bereitschaftsdienst für den Arbeitgeber von geringerem Interesse ist als die eigentliche Arbeit, und dass der Arbeitnehmer diese Zeit in gewissem Rahmen für eigene Zwecke nutzen kann. ‚Folglich muss die Rufbereitschaft – abweichende Vereinbarung vorbehalten – nicht gleich wie die Haupttätigkeit entlöhnt wer- den.‘ Geht die Höhe der Entschädigung weder aus einem individuellen noch aus einem kollektiven Arbeitsvertrag hervor, schuldet der Arbeitgeber, was üblich ist (Art. 322 Abs. 1 OR). Lässt sich dies nicht feststellen, ist nach Billigkeit zu ent- scheiden. – ." Urteil 4C.25/1998 vom 6.5.98 (NZZ vom 18./19. Juli 1998, S. 14). Prof. Dr. Thomas Koller Ist keine Vergütung verabredet, kommt Art. 374 OR zur Anwendung. Es ist also möglich, keine Vergütung festzusetzen, d.h. über einen wesentlichen Vertragspunkt keine Einigung zu erzielen (Ist es dann ein wesentlicher Vertragspunkt?). Vorausset-zung ist nur, dass sich die Parteien über die Entgeltlichkeit an sich einig sind. Bei-spielsweise beim Bestellen eines Handwerkers für eine Reparatur. Vgl. dazu: BGE 101 II 109 („Keller") Geht es allein um die Festsetzung der Vergütung, muss auf die Frage, ob es sich um einen Werkvertrag oder einen Auftrag handele, nicht eingegangen werden, da beide Regelungen analoge Prinzipien kennen (Art. 374 und 394 III OR). Die Vergütung kann vom Richter (Art. 374 OR), als Fixpreis, als ungefährer Kosten-ansatz oder als Regelansatz (nach Metern, Stunden, Aufwand usf.) festgesetzt wer-den. Vgl. dazu: [BGE 115 II 460] (K/S 35-13) Selbst eine aufwendig ausgearbeitete Offerte kann die Qualität eines Werkes anneh-men; dann ist sie entgeltlich, auch wenn der eigentliche Werkvertrag später mit ei-nem andern Unternehmer geschlossen wird. Vgl. dazu: [BGE 119 II 40 (franz.)] (K/S 35-15) β) Der Einfluss ausserordentlicher Umstände (Art. 373 OR) Art. 373 OR kommt nur zum Zuge, wenn ein Fixpreis vereinbart ist. Heute werden aber nur noch in den wenigsten Werkverträgen Fixpreise vereinbart, weil den Unter-nehmern das Risiko zu hoch ist. Art. 373 OR zeigt jedoch das Wesen des Werkvertrages: Es ist nichts anderes als der Erfolg geschuldet, alle anderen Tätigkeiten im Vorfeld der Erfüllung gehören nicht zu den Leistungspflichten. Der Unternehmer ist selber dafür verantwortlich, wie er das vereinbarte Resultat zum vereinbarten Preis zustande bringt. Gelingt ihm dies nicht, ist das sein Risiko. Art. 373 II OR statuiert eine Ausnahme von der Regel des ersten Absatzes: Zwar fordern Treu und Glauben Vertragstreue (pacta sunt servanda), doch kann es dazu kommen, dass das Bestehen auf Vertragserfüllung dem Vertragspartner nicht mehr zuzumuten ist und somit selbst gegen Treu und Glauben verstösst (Art. 2 II ZGB). Dann kommt das Prinzip der clausula rebus sic stantibus zu Anwendung. (Dieses Prinzip ist im Werkvertrag deshalb kodifiziert worden, weil es zur Zeit der Entstehung des OR noch nicht als allgemeine Figur anerkannt war. Zudem hat der Gesetzgeber sich am Bild der KMU orientiert, weshalb er das Werkvertragsrecht un-ternehmerfreundlich ausgestaltete. Einflussreiche Grossunternehmen bedürfen nicht eines solchen Schutzes, sie können das Risiko veränderter Umstände eher tragen.) Vgl. dazu: [BGE 104 II 314] (K/S 35-4) Voraussetzungen von Art. 373 II OR bzw. der clausula rebus sic stantibus: • Es müssen Umstände eintreten, welche die Vertragserfüllung zum vereinbarten Fixpreis erschweren oder verhindern. Prof. Dr. Thomas Koller • Die eingetretenen Umstände müssen ausserordentliche sein. (Es gilt ein objekti- ver, aber auf den Vertrag bezogener Massstab. Eine Milderung des Massstabes mag man annehmen, wenn der Besteller um die Unfähigkeit des Unternehmers gewusst hat. Ausserdem steht es den Parteien frei, zu vereinbaren, welche Um-stände nicht als ausserordentliche zu gelten haben usf. Grenzen liegen allenfalls bei der Verwendung von AGB oder beim Verstoss gegen Art. 20 OR bzw. Art. 27 ZGB.) • Die Umstände dürfen nicht vom Unternehmer verschuldet sein. (Es trifft den Un- ternehmer ausserdem die vertragliche Nebenpflicht, den Besteller umgehend von der Verteuerung des Werkes zu informieren und allenfalls weitere Kosten abzu-wenden.) Die Rechtsfolgen von Art. 373 II OR bestehen entweder in der richterlichen Aufhe-bung oder Anpassung des Vertrages (Preiserhöhung, falls dem Besteller dies zuzumu-ten ist). Es ist aber nicht die Aufgabe dieser Norm Fehlspekulationen zu verhindern oder Geschäfte rentabel zu machen; sie soll nur den Verlust für den Unternehmer tragbar machen. χ) Skonto Skonto ist ein Abzug vom Preis in Prozenten, den der Besteller bei rascher Bezah-lung vornehmen kann. Aber nur wenn dies vereinbart oder üblich ist. bb) Werk Das Werk ist die für den Werkvertrag typische Leistung. Der Unternehmer schuldet nicht „ein Werken, sondern ein Werk". α) Körperliche Werke • Geschuldet sein kann die Herstellung einer beweglichen Sache (z.B. Massanzug) oder einer unbeweglichen Sache (typisches Werkvertragsobjekt: Bau eines Hau-ses). Wichtig in diesem Zusammenhang, insbesondere wegen des Nachbesserungs-rechts, das im Kaufvertrag nicht vorgesehen ist, ist die Abgrenzung zwischen dem Werkvertrag und dem Kauf einer zukünftigen Sache: Was speziell für einen indi-viduellen Käufer hergestellt wird, ist tendenziell als Gegenstand eines Werkver-trages zu betrachten (typischerweise der Bau einer Hauses). Eher selten ist heute der röm.-rechtl. Idealtypus des Werkvertrages, dass nämlich der Besteller selbst dem Unternehmer die Materialien zur Herstellung des Werks liefert. • Vertragsinhalt kann aber auch die Veränderung oder Erhaltung einer Sache sein (z.B. Reparatur). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Abgren-zung des Werkvertrages vom Arbeitsvertrag: Die gleiche Leistung kann, je nach Unternehmer, dem einen oder dem andern Vertragstypus zugeordnet werden. Ist z.B. ein Reinigungsunternehmen mit der Reinigung von Räumlichkeiten beauf-tragt, wird man hier einen Werkvertrag annehmen können; einen Arbeitsvertrag wenn eine selbständige Putzfrau dieselbe Arbeit verrichtet. Es wird nicht ange- Prof. Dr. Thomas Koller hen, diese Putzfrau als selbständige Unternehmerin zu betrachten (u.a. wegen der Sozialleistungen, Kündigungsschutz usf.). • „Arbeiten" am menschlichen Körper können ebenfalls Inhalt eines Werkvertrags sein, jedoch nicht alle: Das Schneiden der Haare oder die Herstellung von Zahn-prothese. Ärztliche Behandlungen fallen dagegen unter das Auftragsrecht. Denn bei ärztlichen Behandlungen ist primär die Tätigkeit Leistungspflicht, der Erfolg kann nicht garantiert werden. Hier wird deshalb - wie auch bei Anwälten - ein Auftrag angenommen. Beim Auftrag genügt es, wenn der Beauftragte bei der Erfüllung alle Regeln der Kunst beachtet, auch wenn der Erfolg nicht eintritt. In-halt des Werkvertrages wäre aber gerade dieser Erfolg. β) Unkörperliche Werke Unkörperliche Werke sind sog. Geist-Werke (kulturelle, geistige Leitungen u.ä.). Das BGer hatte früher keine Mühe, solche Leistungen als Inhalt eines Werkvertrages zu sehen. Vgl. dazu: [BGE 70 II 218] (K/S 33-1) (Wiederum!) in Anlehnung an BK-Gautschi hat das BGer dann seine Praxis geändert, weil die Mängelregeln des Werkvertrages auf körperliche Sachen zugeschnitten seien und deshalb nur Inhalt eines Werkvertrages sein könne, was eine gewisse Verbin-dung zu einer körperlichen Sache aufweise. Diese Praxis hat das BGer unterdessen wieder aufgegeben und ist zu seiner früheren zurückgekehrt. Vgl. dazu: [BGE 109 II 34 (franz.)] (K-S 35-7) („Geometer") [BGE 109 II 465] (K/S 27-2) [BGE 115 II 50 (franz.)] (K/S 26-9) Kein Werkvertrag liegt vor, wenn der Besteller Einfluss auf den Erfolg hat (z.B. Un-terrichtsvertrag). Schwierigkeiten kann die Abgrenzung zum Kaufvertrag bereiten, wenn eine Sache geliefert und auch montiert wird. Liegt ein Kauf mit Montage vor oder ein Werkliefe-rungsvertrag? Beim Kaufvertrag ist die Montage Nebenpflicht (bei Verletzung Art. 97 OR), beim Werkvertrag Werkmangel, sodass die Rügepflicht und -frist einzuhal-ten (Art. 367 ff. OR) ist. cc) Ablieferung/Annahme (Abnahme) Ablieferung ist die Übergabe des Werkes an den Besteller in der Absicht, den Vertrag zu erfüllen. Bei unbeweglichen Sachen genügt die Anzeige der Vollendung an den Besteller (bei Häusern evtl. Schlüsselübergabe). • Verspätete Ablieferung hat Verzug zur Folge (Art. 102 ff. OR). • Die Frist für die Prüfung des Werkes beginnt mit Ablieferung (Art. 367 ff. OR). • Mit Ablieferung beginnen die Verjährungs- und Verwirkungsfristen. • Mit Ablieferung wird - falls nicht anders vereinbart - die Vergütung fällig (Art. 372 • Die Gefahr geht mit Ablieferung über (Art. 376 OR). Prof. Dr. Thomas Koller Vor Ablieferung besteht ein Rücktrittsrecht des Bestellers (Art. 377 OR) und bei Tod des Unternehmers fällt der Vertrag dahin (Art. 379 OR). Die Ablieferungspflicht (bzw. Rückgabeobligation bei Reparaturen) ist ein Kern-element, eine Hauptleistungspflicht des Werkvertrages, weil ohne Ablieferung bzw. Rückgabe der Erfolg nicht eintreten kann. Die Rückgabe ist auch geschuldet, wenn der Unternehmer das Werk (die Reparatur) nicht ausgeführt hat. Bei zurechenbarer Unmöglichkeit der Ablieferung schuldet der Unternehmer Schadenersatz nach Art. 97 OR. Vgl. dazu: BGE 113 II 421 (K/S 26-8) Erfüllt ist der Werkvertrag nur, wenn das vollendete Werk übergeben wird. Die Abliefe-rungsobligation kann aber schon beim mangelhaften Werk erfüllt sein; dem Besteller stehen dann die Mängelrechte (Art. 367 ff. OR) zu. Unvollendet, eine aliud-Lieferung ist ein Werk nur dann, wenn wesentliche Teile des Werkes falsch oder nicht vorhanden sind, sodass dem Werkbesteller die Annahme nicht zugemutet werden kann. Dann liegt Nichterfüllung vor (Art. 97 OR). Die Abgrenzung von Falschlieferung (aliud) und Schlechterfüllung (peius) ist von grosser Bedeutung, da bei Falschlieferung die Nichterfüllungs- oder Verzugsregeln (Art. 97 bzw. 102 ff. OR) Anwendung finden und bei Schlechterfüllung die Mängelregeln des Werkvertragsrechts. Vgl. dazu: [BGE 118 II 149] (K/S 35-14) BGE 121 III 453 (K/S 28-6) („Hubstapler") dazu: LANZ, in: recht 96, S. 248 ff. KRAMER, in: recht 97, S. 78 ff. Für den Gläubigerverzug vgl. die Ausführungen dort. dd) Genehmigung Die Genehmigung ist eine ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung des Be-stellers mit dem Inhalt, das Werk des Unternehmers als vertragskonform entgegenzu-nehmen. Voraussetzung ist die faktische Ablieferung des Werks. Genehmigung und Abnahme des Werk können zusammenfallen. Die Genehmigung bewirkt das Erlöschen der Haftung des Unternehmers für offene Mängel (Art. 370 OR). ee) Gefahrtragung Wie beim Kaufvertrag geht es um die Abgrenzung von Risikosphären, darum also, wer für den zufälligen, d.h. den von niemandem verschuldeten Untergang einzustehen hat. • Ist die Werkerstellung nicht mehr möglich (z.B. weil das zu reparierende Auto ge- stohlen wurde) und der Unternehmer hat nicht für dies Unmöglichkeit einzustehen, erlischt die Leistungspflicht. Beurteilung nach Art. 97 bzw. 119 OR. Vgl. dazu: BGE 113 II 421 (K/S 26-8) Prof. Dr. Thomas Koller • Steht das Werk vor der Vollendung und geht es zufällig unter (und kann nicht mehr erstellt werden), hat der Besteller dem Unternehmer keine Vergütung zu leisten (Art. 376 OR, Ausnahmen: Art. 378f. OR). Vgl. dazu: BGE 123 III 183 WIEGAND, in: ZBJV 1997, S. 698 f.
c) Die Gewährleistungsrechte des Bestellers im Überblick
Im Kernbereich des Werkvertrages gelten - wie im Kaufrecht - spezielle Bestimmungen: • Schadenersatz; • Nachbesserung.
Die Nachbesserung ist deshalb Gewährleistungsrecht des Werkvertrages, weil - anders
beim Kauf, wo die Sachübereignung im Zentrum steht - hier ein grundsätzlich erreich-
bares Resultat geschuldet ist. Die Korrektheit des Werkes kann also auch nach Überga-
be als noch herstellbar gelten.
II. Die Gewährleistung im Einzelnen

a) Grundlagen
aa) Anwendungsbereich α) Rechte des Bestellers vor Ablieferung des Werkes Vor Ablieferung des Werkes hat der Besteller Rechtsbehelfe bei vorweggenomme-nem Verzug (Art. 366 I OR) und bei antizipierter Schlechterfüllung (Art. 366 II OR). Im ersten Fall kann der Besteller unter Ansetzung einer Nachfrist (wie beim gewöhn-lichen Verzug) vom Vertrag zurücktreten (Art. 109 OR). Der Rücktritt ist ebenfalls verschuldensunabhängig. Im andern Fall kann der Besteller ebenfalls eine Frist ansetzen und hat die Möglich-keit das Werk von einem andern fortführen zu lassen. Vgl. dazu: [BGE 98 II 115] (K/S 35-2) β) Rechte des Bestellers nach Ablieferung des Werkes Damit die Mängelrechte geltend gemacht werden können, muss die Ablieferung des vollendeten Werks stattgefunden haben. Sind die Mängel gravierend, kann u.U. eine aliud-Lieferung angenommen werden, d.h. auch wenn der Unternehmer irgendetwas geliefert hat, gilt dies nicht als Ablieferung. Der Unternehmer gerät diesfalls in Ver-zug. Der Besteller sollte sich aber nicht auf die Qualifikation als aliud verlassen, denn dies ist eine Rechtsfrage und wird in einer Interessenabwägung vom Gericht beurteilt. Es besteht die Gefahr, dass der Besteller - falls das Abgelieferte schlussendlich nicht als aliud beurteilt wird - die Fristen für die Mängelrechte verpasst. Vgl. dazu: [BGE 100 II 30] (K/S 35-3) Prof. Dr. Thomas Koller bb) Fehler, Mangel Mängel sind Abweichungen von der geschuldeten Leistung, d.h. vom Sollzustand. Massstab ist der konkrete Vertrag, nicht ein objektiver Mangelbegriff. Der Richter, nicht ein Sachverständiger entscheidet, ob ein Mangel vorliegt. Vgl. dazu: [BGE 93 II 317] (K/S 26-1) („Kalbermatten") α) Fehlen einer ausdrücklich vereinbarten Eigenschaft Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft ist stets ein Mangel. Die Grenze ist auch hier Treu und Glauben; das Beharren auf korrekte Erfüllung ist unstatthaft, wenn es als rechtsmissbräuchlich erscheint (Art. 2 II ZGB). β) Fehlen einer vorausgesetzten Eigenschaft Eine gewisse Objektivität muss – entgegen dem oben gesagten – bei Mängeln gelten, die nicht aus dem Fehlen vertraglich vereinbarter Eigenschaften entstehen, sondern wo es um den Wert oder die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch geht. Hier kann es nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner ankommen, sondern auf übliche technische Standards. χ) Tatsächlicher und rechtlicher Mangel Die Mängel können von tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein. δ) Massgebender Zeitpunkt Massgebender Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Übergabe (Gefahrenübergang). Der Mangel muss schon vorher im Werk angelegt sein. Tritt ein Mangel erst lange Zeit nach Übergabe auf, muss evtl. auf die Abklärungen von Experten abgestellt werden. cc) Mängelrechte im Allgemeinen α) Dispositive Natur der gesetzlichen Mängelrechte Freizeichnungsklauseln sind insbesondere im Werkvertragsrecht eng auszulegen. Dies deshalb, weil hier ein Erfolg geschuldet ist und durch Freizeichnung dieser Er-folg sozusagen wieder zurückgenommen, das Schulden des Erfolges in Frage gestellt wird. Fristbegrenzungen sind ebenfalls eng auszulegen, eine allzu starke Verkürzung von Rügefristen z.B. kann zu einer faktischen Freizeichnung führen. β) Voraussetzungen für das Geltendmachen von Mängelrechten (Prüfungs- und Rügeobliegenheit) Um Mängelrechte geltend machen zu können, muss der Besteller seiner Rügeoblie-genheit nachkommen: Er hat das Werk zu prüfen und allfällige Mängel sofort zu rü-gen, ansonsten gehen seine Mängelrechte unter (Art. 367, 370 OR). Prof. Dr. Thomas Koller Als offener Mangel gilt ein sofort erkennbarer Mangel oder ein Mangel, der zwar nicht offensichtlich ist, der aber bei gehöriger Prüfung hätte erkannt werden können und müssen. Die Intensität der Prüfung ist dabei vertragsbezogen zu beurteilen, viel-leicht sind bestimmte Tests vereinbart worden oder sie folgen aus der Art des Ver-trages. Vgl. dazu: [BGE 64 II 254] (K/S 16-1) Solche offenen Mängel sind sofort zu rügen, versteckte Mängel, die erst später ent-deckt werden, sofort nach Entdeckung. Der Mangel muss genügend klar zutage tre-ten, damit der Besteller seine Mängelrüge genügend substanziieren kann. Hierbei stellt das BGer allerdings strenge Anforderungen: Der Besteller hat zu beweisen, wann er den Mangel entdeckt hat, und dass er rechtzeitig gerügt hat. Vgl. dazu: [BGE 107 II 172] (K/S 26-4) Der Forderung nach einem solchen „diabolischen Beweis" - der in der Praxis kaum erbracht werden kann - hält BUCHER entgegen, dass der Unternehmer zu beweisen habe, dass der Besteller zu spät gerügt habe, da die rechtzeitige Rüge nicht rechtsbe-gründend sei, sondern die zu späte Rüge rechtsvernichtend (vgl. Art. 8 ZGB). Vgl. dazu: BUCHER, in: ZSR 1983 II 343 [BGE 118 II 142] (K/S 35-14) χ) Überblick über die Mängelrechte Die Mängelrechte sind (ausser dem Nachbesserungsrecht) Gestaltungsrechte, die, einmal ausgeübt, nicht wieder zurückgenommen werden können. Es besteht Wahl-möglichkeit zwischen den verschiedenen Mängelrechten, allerdings eingeschränkt durch verschieden strenge Voraussetzungen. Kumulativ zu den Mängelrechten kann Schadenersatz gefordert werden. Vgl. dazu: [BGE 107 II 438 (franz.)] (K/S 35-5) Ein Recht des Unternehmers zur Nachbesserung besteht nicht (anders heute das CISG). Es kann natürlich vertraglich vereinbart werden. dd) Die Mängelrechte im Einzelnen α) Wandelung Der Besteller kann bei offensichtlich vom Vertrag abweichendem Werk die Annah-me verweigern (Art. 368 I OR, Rücktritt und Schadenersatz ohne Nachfrist). Aller-dings gerät er in Gläubigerverzug, falls sich die Annahmeverweigerung als ungerecht-fertigt erweist. Die Wandelung ist, wenn auch nicht im Gesetz erwähnt, auch nach Annahme der Sache möglich. Die Wandelung wirkt ex tunc, besser aber wäre Wirkung ex nunc und Umwandlung in ein Rückabwicklungsverhältnis, da die Wandelung (vgl. auch Kauf) die gleiche Wir-kung hat wie der Rücktritt nach Art. 109 OR. Prof. Dr. Thomas Koller Vgl. dazu: [BGE 114 II 152] (K/S 18-10) Bei Werkvertrag für Reparaturen kann ist es nicht möglich die Rücknahme der Sache zu verweigern, da sie einem gehört. Die Annahme der Reparatur selbst kann aber verweigert werden indem man nicht bezahlt usf. Die Voraussetzung für die Wandelung ist die Unzumutbarkeit der Annahme des Werkes. Die Beurteilung der Unzumutbarkeit erfolgt durch Interessenabwägung auf-grund des Vertrages. Die Möglichkeit der andern Mängelrechte ist in die Überlegung mit einzubeziehen (Art. 368 I OR: Fahrnissachen). Für Bauten (Art. 368 III OR) wird die Wandelung noch restriktiver gehandhabt. Die Zumutbarkeit (z.B. Abbruch des Werkes) für den Unternehmer wird stärker gewich-tet. Vgl. dazu: [BGE 98 II 122] (K/S 26-3) β) Minderung Die Minderung ist stets möglich, sie ist - ausser an die rechtzeitige Mängelrüge - an keine speziellen Voraussetzungen gebunden (Art. 368 II OR). Der Minderwert be-rechnet sich nach dem prozentualen (verhältnismässigen) Minderwert des Werkes. In der Praxis wird der Minderwert der Einfachheit halber oft mit den Kosten gleich-gesetzt, die aus einer Nachbesserung durch Dritte entstehen. Das ist aber metho-disch falsch. Denn sind die Nachbesserungskosten höher als der Minderwert, hat der Besteller die Differenz bei der Minderung selber zu tragen. In einem solchen Fall empfiehlt sich die Nachbesserung durch den Unternehmer (Art. 368 II OR). Vgl. dazu: [BGE 116 II 305] (K/S 26-10) χ) Nachbesserung Voraussetzung für das Nachbesserungsrecht ist allein, dass die Nachbesserung für den Unternehmer zumutbar ist (Art. 368 II OR). Dies entscheidet sich in einer Inter-essenabwägung: Das Interesse des Bestellers am mängelfreien Werk muss höher sein als die Kosten, die dem Werkunternehmer durch die Nachbesserung entstehen. Min-derwertes. (Die Zumutbarkeit entscheidet sich nicht im Vergleich von Werkvergü-tung und den Nachbesserungskosten des Unternehmers. Die Nachbesserungskosten sind dann unverhältnismässig, wenn sie in einem Missverhältnis stehen zum Nutzen, den die Mängelbeseitigung dem Besteller bringt.) Vgl. dazu: [BGE 111 II 173] (K/S 26-7) Das Nachbesserungsrecht ist, weil sich an der Rechtslage nichts ändert, kein Gestal-tungsrecht (weswegen das Nachbesserungsrecht zediert werden kann). Auf die andern Mängelrechte kann – weil sie Gestaltungsrechte sind – nicht mehr zu-rückgekommen werden, sie sind unwiderruflich. Das Nachbesserungsrecht hingegen kann geltend gemacht werden, ohne das Recht einer allfälligen späteren Minderung oder Wandelung einzubüssen. Es ist für die Nachbesserung eine angemessene Frist (d.h. die Zeitdauer, die ein durchschnittlicher Unternehmer dazu braucht) einzuräu-men. Während dieser Frist sind Wandelungs- und Minderungsrecht suspendiert. Vgl. dazu: [BGE 98 II 118] (K/S 26-3) Prof. Dr. Thomas Koller [BGE 109 II 40 (franz.)] (K/S 35-8) [BGE 114 II 239] (K/S 35-12) [BGE 118 II 142] (K/S 35-14) Der Besteller kann aber auch weiter auf Realerfüllung beharren und – falls der Werkunternehmer seiner Nachbesserungspflicht nicht nachkommt, und diese nicht persönlichkeitsbezogen ist – die Nachbesserung durch einen Dritten ausführen las-sen (Ersatzvornahme): • Der Besteller lässt sich durch einen Richter ermächtigen (Art. 98 OR). • Der Besteller kann in analoger Anwendung von Art. 366 II OR vorgehen, indem er eine angemessene Frist setzt und dann – ohne richterliche Ermächtigung – ei-nem Dritten die Nachbesserung überlässt. Die Kosten trägt auch ohne Verschul-den der Werkunternehmer, sie sind nicht Schadenersatz. [BGE 107 II 50] (K/S 26-5] • Der Besteller kann aber auch nach den allgemeinen Verzugsregeln vorgehen und dem Werkunternehmer die Kosten der Nachbesserung als Verzugsschaden bela-sten. Die SIA-Norm 118 sieht auch für den Werkunternehmer ein Nachbesserungsrecht vor. δ) Schadenersatzanspruch Der Schadenersatzanspruch kommt zu den Ansprüchen aus den Mängelrechten ku-mulativ hinzu. (Auch bei der Minderung, auch wenn dies im Art. 368 II OR nicht ganz klar zum Ausdruck kommt.) Nicht als Schaden gelten die Bauteuerung oder die Mehrkosten der Reparatur gegen-über dem Minderungsbetrag, da Minderung relativ zum Werklohn berechnet wird. [Weshalb dies? Ist Schaden nicht die Differenz zwischen dem Vermögensstand wie wenn der Vertrag korrekt erfüllt worden wäre und demjenigen Vermögensstand wie er sich nach der Vertragsverletzung präsentiert? Deshalb sollten die Mehrkosten der Reparatur (durch einen andern) dem Unternehmer verrechnet werden können, sofern er sich nicht exkulpieren kann. Dies aber nur, wenn dem Unternehmer die Nachbes-serung nicht zumutbar oder diese gar nicht möglich ist, sonst hat der Besteller diese zu Wählen und nicht die Minderung.] Für Mangelfolgeschäden (d.h. Schäden die im Zusammenhang mit den Mängelrech-ten stehen) gelten die Prüf- und Rügeobliegenheiten. Der Anspruch verwirkt oder verjährt gleich den entsprechenden Mängelrechten. [Besser wäre – wie ich es auch im Kaufrecht vertrete – die Unterstellung des übrigen Schadens unter die allgemeinen Regeln nach Art. 97 OR. Mit dem Argument, dass sich die kurzen Verwirkungs- und Verjährungsfristen nur mit Blick auf die Kausal-haftung rechtfertigen. Im andern Fall hat der Unternehmer (und der Verkäufer) die Möglichkeit, sich zu exkulpieren.] Andere Schäden (z.B. im Zusammenhang mit der Montage) führen zu Schadenersatz aus positiver Vertragsverletzung bzw. Schlechterfüllung und werden nach allgemei-nen Regeln abgewickelt. Prof. Dr. Thomas Koller Vgl. dazu: [BGE 113 II 264] (K/S 35-10) ee) Verjährung der Mängelrechte α) Beginn des Fristenlaufes Die Fristen der Mängelrechte beginnen mit Ablieferung des Werkes zu laufen, für unbewegliche Bauwerke gilt nach Art. 371 II OR eine längere Frist (auch für den Ar-chitekten, Ingenieur usf. und auch wenn ein Auftrag vorliegen sollte). Vgl. dazu: [BGE 113 II 264] (K/S 35-10) Für Malerarbeiten, Baumateriallieferungen, Reparaturen und ähnliche, im Vergleich mit dem Bau eines Hauses relativ unerhebliche Arbeiten gilt die längere Verwir-kungs- und Verjährungsfrist allerdings nicht. Vgl. dazu: [BGE 120 II 214 (franz.)] (K/S 35-16) Der Art. 365 I OR gilt nach mehrheitlicher Ansicht nur für die Rechtsmängelgewähr-leistung und nicht für die Sachmängelgewährleistung. Ansonsten träten schwierige Abgrenzungsprobleme auf. β) Dauer der Frist Wie im Kaufrecht ist die Frist des Art. 371 OR Verwirkungsfrist (für die Rüge) so-wie Verjährungsfrist (für die Klage). Die Verjährung wird nach den allgemeinen Re-geln unterbrochen (Art. 134 ff. OR). Vgl. dazu: [BGE 100 II 30] (K/S 35-3) [BGE 107 II 50 (K/S 26-5) b) Verhältnis der Gewährleistungsrechte zu den Regeln des Allgemeinen Teils
des OR sowie ein Vergleich zum Kauf- und Mietrecht
aa) Verhältnis zu den Regeln des Allgemeinen Teils des OR α) Irrtumsregeln Für das Werkvertragsrecht gewährt das Bundesgericht keine alternative Anwendung von Gewährleistung und Grundlagenirrtum bezüglich der mängelfreien (bzw. gehöri-gen) Erfüllung. β) Art. 97 ff. OR Ebenso kann Art. 97 OR nicht alternativ zu den Gewährleistungsrechten angewandt werden. Prof. Dr. Thomas Koller Vgl. dazu: [BGE 107 II 50] (K/S 26-5) χ) Art. 41 ff. OR Nicht einheitlich ist die Praxis des Bundesgerichts zur alternativen Anwendung von deliktischer (Art. 41 ff. OR) und vertraglicher Haftung. Zunächst gestand das BGer den Anspruch aus Delikt zu, unabhängig davon, ob die vertraglichen Ansprüche verwirkt waren oder nicht. Vgl. dazu: [BGE 64 II 254] (K/S 16-1) („Steiggurt") In einem nächsten Fall entschied es, der deliktische Anspruch verwirke mit dem ver-traglichen. Vgl. dazu: [BGE 67 II 132] (K/S 16-2) („Golduhren") Dann liess das BGer die Frage offen. Vgl. dazu: [BGE 90 II 86] (K/S 16-3) („Friteuse") Deliktsrecht kann grundsätzlich neben einem Gewährleistungsanspruch bestehen, Haftungsbeschränkungsabreden gelten aber auch für die Haftung aus Art. 41 ff. OR. Vgl. dazu: [BGE 107 II 161] (K/S 25-4) In der Lehre ist für das Schweizer Recht die Konkurrenz von Delikts- und Vertrags-recht an sich unbestritten. Natürlich müssen die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sein. • Da die deliktischen und die vertraglichen Ansprüche eine je eigene Grundlage ha- ben, verwirken die deliktischen nicht zugleich mit den vertraglichen. (Wieso sollte der Vertragspartner weniger Schutz geniessen als ein beliebiger geschädigter Drit-ter?) Das Unterlassen von Prüfungsobliegenheiten usf. kann allenfalls als Selbstver-schulden in die Schadensberechnung Eingang finden (Art. 44 OR). • Freizeichnungsklauseln gelten grundsätzlich auch für die Deliktshaftung. Aller- dings muss für den jeweilige Vertrag durch Auslegung festgestellt werden, worauf die Vertragspartei verzichtet, ob sich der Verzicht nur auf Sachschäden bezieht oder auch auf Personenschäden usf. Grenzen findet die Freizeichnung im Gesetz: u.a. Art. 27 ZGB und Art. 100 OR). • Fraglich kann auch sein, worin die Widerrechtlichkeit besteht. Der Defekt als sol- cher nicht, da dieser allein unter die Mängelrechte fällt. In der Schweiz fällt auch die Lehre vom „weiterfressenden Mangel" ausser Betracht. Der Mangel an sich betrifft die Frage des Äquivalenzinteresses und nicht des Integritätsinteresses. Das Produktehaftpflichtgesetz schliesst den Mangel an der Sache selbst aus eben-falls (Art. 1 II PrHG), nur für anderer Sach- und Personenschäden muss der Pro-duzent einstehen. FASTRICH, in: AJP 1995, S. 1115 ff. bb) Vergleich zum Kauf- und Mietrecht Prof. Dr. Thomas Koller α) Vergleich mit den kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln Die Mängelrechte des Kaufrechts weisen nicht genau die gleiche Struktur auf wie diejenigen des Werkvertragsrechts. Dies aufgrund der verschiedenen Hauptpflichten: Der Verkäufer schuldet die Sachübereignung, der Werkunternehmer ausschliesslich den Erfolg. β) Vergleich mit den mietrechtlichen Gewährleistungsregeln Das Mietrecht kennt ein eigenes System von Gewährleistungspflichten. Es macht keinen Unterschied zwischen mittelbarem und unmittelbarem Schaden (Art. 259 ff. OR). c) Gesamtwürdigung der Mängelrechte

Das Werkvertragsrecht ist unternehmerfreundlich ausgestaltet, die Regeln sind jedoch
so offen formuliert, dass auch einen sachgerechte Beurteilung von Konsumentenverträ-
gen möglich ist. Als Basis einer differenzierten Beurteilung kann ausserdem Art. 31sexies
BV dienen (d.h. die verfassungsmässige Auslegung der entsprechenden Artikel).
III. Gefahrtragung und Vertragsbeendigung

a) Vergütungsgefahr (Preisgefahr)
aa) Das Unmöglichwerden der Werkerstellung Wird die Werkerstellung unmöglich, ohne dass dies der Werkunternehmer zu verant-worten hätte (z.B. indem das zu reparierende Auto gestohlen wird), finden die allgemei-nen Regeln von Art. 119 OR Anwendung: Der Anspruch auf Werkerstellung erlischt (zugleich auch eine allfällige Rückgabepflicht von Material). Der Besteller hat auch keine Pflicht mehr, den Werklohn zu bezahlen. Eine Ausnahme besteht einzig dann, wenn die Unmöglichkeit der Sphäre des Bestellers zuzurechnen ist (Art. 378f. OR). bb) Durch Zufall bedingter Untergang des Werkes vor seiner Ablieferung α) Der Grundsatz: periculum est conductoris Geht das Werk vor Ablieferung unter (und wäre eine Wiedererstellung möglich) weist das Gesetz das Risiko allein dem Unternehmer zu (Art. 376 OR). Aus diesem Grund ist der Zeitpunkt der Ablieferung bzw. Abnahme von grosser Bedeutung. Es empfiehlt sich, die Modalitäten der Abnahme vertraglich zu regeln. Die Gefahrtragungsregel als solche ist dispositives Recht (und kann anders geregelt werden). β) Ausnahmen Prof. Dr. Thomas Koller Die Preisgefahr geht auf den Besteller über, falls sich dieser in Annahmeverzug (Gläubigerverzug) befindet. Ebenso, wenn der Untergang aufgrund von Anweisungen, Anleitungen usf. des Be-stellers erfolgt (Art. 376 III OR), und wenn der Unternehmer auf dieses Risiko deut-lich hingewiesen hat. Die Abmahnungsobliegenheit des Werkunternehmers ist im konkreten Fall um so geringer, je grösser die Sachkunde des Bestellers (oder seiner Hilfspersonen) ist. Vgl. dazu: [BGE 119 II 127] (K/S 26-12) b) Leistungsgefahr

An sich hat der Werkunternehmer (weil er allein den Erfolg schuldet) nach einem zufäl-
ligen Untergang (Art. 376 OR) des Werks die Leistung ein zweites Mal zu erbringen.
Die Grenze findet diese Pflicht in Art. 2 II ZGB, allenfalls kann eine Anpassung des
Werklohnes nach Art. 373 II OR angebracht sein. Diese Anpassung hat aber keinesfalls
den Sinn „aus einem Verlustgeschäft ein lohnendes zu machen".
Liegt die Preisgefahr beim Besteller, muss der Werkunternehmer das Werk nicht mehr
erstellen. Sollte dies nach Treu und Glauben dennoch gefordert sein, hat der Unterneh-
mer vollen Anspruch auf einen zweiten Werklohn.
c) Spezielle Beendigungsgründe
aa) Rücktritt (Art. 377 OR) Den Werkvertrag, als zeitlich andauerndes Vertragsverhältnis, kann man, wie ein Dau-erschuldverhältnis, als kündbar betrachten. Aber nicht nur wichtige Gründe (vgl. z.B. Art. 337 OR) kommen in Frage, das Gesetz erlaubt dem Besteller sogar den grundlosen Rücktritt (Art. 377 OR). Er hat dem Unternehmer aber die volle Entschädigung (abzüg-lich eingesparter Ausgaben) zu leisten. Der Unternehmer hat keinen Anspruch darauf, das Werk vollenden zu dürfen. Aus-nahmsweise könnte ein solcher Anspruch vorliegen, wenn die Vollendung auch für den Unternehmer von grosser Bedeutung ist (z.B. die Erstellung eines Kunstwerks im öf-fentlichen Raum). Problematisch kann die Bestimmung des Schadens ausfallen. bb) Unmöglichkeit der Erfüllung durch beim Besteller eingetretenen Zufall (Art. 378 OR) α) Verhältnis von Art. 378 OR zu Art. 119 OR Art. 378 OR steht nicht in einem Gegensatz zu Art. 119 OR, sondern ist Ausfluss des allgemeinen Prinzips der Risikosphärentheorie und des Zweckfortfalls. Der Be-steller muss an sich die Vergütung leisten, allerdings unter Abzug der vom Unter-nehmer eingesparten Kosten (§ 324 BGB). Ist die Unmöglichkeit vom Besteller verschuldet, hat er Schadenersatz zu leisten (Art. 378 II OR). β) Tatbestandsvoraussetzungen χ) Rechtsfolgen Prof. Dr. Thomas Koller cc) Tod und Unfähigkeit des Unternehmers (Art. 379 OR)
Art. 379 OR findet heute im Allgemeinen – bei nicht auf die Persönlichkeit des Unter-
nehmers bezogenen Werken – keine Anwendung, denn meist kann ein Werk von einem
beliebigen andern ausgeführt werden. Der Unternehmer hat in diesem Fall einen andern
zu beauftragen, das Werk zu vollenden.
Auch bei Konkurs des Unternehmers findet Art. 379 OR keine Anwendung.
dd) Überschreitung des Kostenansatzes (Art. 375 OR)
Wird der Preis nur ungefähr bestimmt, kann dies nicht als Fixpreisvereinbarung gelten.
Die Regel des Art. 375 OR will das Risiko der Kostenüberschreitung bei solchen Preis-
absprachen auf beide Parteien verteilen. Die zulässige Preisabweichung beurteilt sich
nach der jeweiligen Vereinbarung und nach Vertrauensprinzip. Je nachdem ergibt sich
eine höhere oder tiefere Zumutbarkeitsgrenze.
Faustregel: Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, ist Kostenüberschreitung bis
zu 10% vom Besteller zu tragen. Was im Bereich bis zu 20% liegt, ist von beiden Par-
teien je zur Hälfte zu tragen und Kostenüberschreitungen von über 20% muss der Un-
ternehmer selber tragen.
Vgl. dazu: [BGE 115 II 460] (K/S 35-13)
IV. Der Werkvertrag im Baugewerbe

a) Das „klassische Bauherrenmodell"

Unter dem „klassischen Bauherrn" versteht man einen Bauherrn, der zunächst einen
Architekten mit der Ausarbeitung der Pläne beauftragt und anschliessend selbst die je-
weiligen Bauhandwerker (Mauer, Maler, Dachdecker usf.) anstellt (d.h. mit jedem von
ihnen einen eigenen Werkvertrag schliesst).
Dazu kommt in vielen Fällen ein Auftrag an den Architekten, die Bautätigkeit zu über-
wachen, da der Bauherr selbst meist nicht sachkundig ist.
Wenn der Architekt mit der Überwachung der Arbeiten betraut ist, muss sich der Bau-
herr dessen Entscheide und dessen Fachwissen zurechnen lassen (Art. 101 OR). Je
nachdem hat der Architekt auch gewisse Stellvertretungsbefugnisse (z.B. durch die SIA-
Norm 118).
Vgl. dazu: [BGE 109 II 452] (K/S 9-1) („Hühnerstall")
Die Koordination der Arbeiten ist Sache des Bauherrn (bzw. des Architekten). Er hat
den einzelnen Unternehmern für allfällige Probleme mit andern Unternehmern (z.B.
Verzug eines Unternehmers kann zu Annahmeverzug der Bauherrn führen) einzustehen.
Ausserdem ist oft unklar, welcher Unternehmer einen Mangel zu verantworten hat. Die
einzelnen Unternehmer werden bestreiten, dafür verantwortlich zu sein, und versuchen,
die Verantwortung auf einen andern Unternehmer abzuschieben. Das kann – wenn sich
ein Mangel nicht schlüssig einem Unternehmer zurechnen lässt – für den Bauherrn zu
endlosen Prozessen und hohen Kosten führen.
b) Der General- und Totalunternehmervertrag
Prof. Dr. Thomas Koller Das andere, moderne „Bauherrenmodell" besteht darin, dass der Bauherr nicht selber verschiedene Werkverträge schliesst, sondern nur einen einzigen mit dem General- oder Totalunternehmer über ein schlüsselfertig zu erstellendes Haus. Der Generalunterneh-mer erst schliesst die Werkverträge mit dem Architekten und den Subunternehmern. Zwischen den Subunternehmern und dem Bauherrn besteht keine vertragliche Bezie-hung. Als Generalunternehmer wird meist ein Unternehmer bezeichnet, der neben den Subun-ternehmern auch den Architekten beizieht. Der Totalunternehmer wird in der Regel auch die Planung selber ausführen. In der Praxis werden die Begriffe oft vermischt. Der Bauherr hat demnach einen einzigen Ansprechpartner, er braucht sich bei Mängeln nur an den General- oder Totalunternehmer zu halten, der dann seinerseits mit den ein-zelnen Subunternehmern, die seine Hilfspersonen nach Art. 101 OR sind, einig werden muss. Der Bauherr trägt nur das Risiko eines schlechten General- oder Totalunternehmers. Der General- oder Totalunternehmer seinerseits trägt das Risiko des „Ärgers mit dem Subunternehmern", das im andern Fall der Bauherr selber trägt. Der General- oder Totalunternehmer wird für diese Risikoübernahme den Preis für das Bauwerk höher ansetzen, sodass (im Idealfall) der Bauherr, der selber baut, weniger Kosten hat. Andererseits ist der General- oder Totalunternehmer fachkundiger und besser als ein „einmaliger" Bauherr in der Lage, mit den Subunternehmern gute Bedingungen auszu-handeln, weil er ihnen gegenüber auch künftige Aufträge usf. in die Waagschale legen kann. Der grosse Nachteil des Bauherrenmodells mit General- oder Totalunternehmer besteht auf sachenrechtlicher Ebene im gesetzlichen Pfandrecht, welches den Subunternehmern zur Sicherung ihrer Forderungen eingeräumt wird (Art. 837 ZGB). Das BGer hat dazu festgehalten, dass dieses Pfandrecht auch dann besteht, wenn keine vertragliche Bezie-hung zwischen dem Bauherrn und dem einzelnen Unternehmer besteht. Dies bedeutet, dass der Bauherr zwar, wenn er den General- oder Totalunternehmer be-zahlt, dessen Forderung erfüllt, aber, wenn dieser seinerseits die Subunternehmer (z.B. weil er in Konkurs fällt) nicht bezahlt, diese Unternehmer ihrerseits das Pfandrecht gel-tend machen können. Der Bauherr kann sein Gebäude dann pfandrechtlich verwerten lassen oder es noch einmal bezahlen. Der Auftrag

I. Allgemeines

a) Gesetzessystematik
Die Normen des Auftragsrechts (Art. 394 ff. OR) gelten - neben ihrer Geltung für den „einfachen" Auftrag - als allgemeine Regeln, die in folgenden Vertragstypen neben die jeweiligen Spezialbestimmungen treten: Kreditbrief und Kreditauftrag (Art. 407 ff. OR), Mäklervertrag (Art. 412 ff. OR), Agenturvertrag (Art. 418a ff. OR), Kommission (Art. 425 ff. OR), Frachtvertrag (Art. 440 ff. OR), einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR) und Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR). Prof. Dr. Thomas Koller Der Auftrag umfasst die Besorgung von Geschäften (Rechtshandlungen) oder Diensten
(Tathandlungen). Diese Besorgungen können (anders als im deutschen Recht, vgl. §§
662 ff. BGB) entgeltlich oder unentgeltlich zu verrichten sein.
Das Auftragsrecht ist sehr offen ausgestaltet, es kann Besorgungen aller Art aufnehmen:
Von Blumengiessen bis zur Tätigkeit des Anwalts.
Da der Inhalt eines Auftragsverhältnisses von „Gefälligkeiten" bis zur ärztlichen Opera-
tion reicht, kann nicht überall der gleiche Sorgfaltsmassstab ausschlaggebend sein. Die-
ser muss je für den Einzelfall bestimmt werden (Art. 99 II OR).
Dazu kommt, dass beim Auftrag nicht stets von einem Interessengegensatz zwischen
Auftraggeber und Auftragnehmer die Rede sein kann (wie z.B. bei Käufer und Verkäu-
fer). Dies kann bei entgeltlichen Aufträgen der Fall sein, dann müssen die Sorgfalts- und
Loyalitätspflichten entsprechend höher gewichtet werden.
b) Bedeutung des Auftrages in der Dienstleistungsgesellschaft

Für den moderne Wirtschaftsalltag ist der entgeltliche Auftrag ziemlich bedeutungsvoll,
da fast jeder Dienstleistungsvertrag Auftragselemente enthält.
c) Pro memoria: Das Problem der Qualifizierung (Art. 394 Abs. 2 OR)

Vgl. dazu: Skript, S. 96.
II. Funktion

a) Allgemeines
aa) Vertragsschluss (Art. 394/395 OR) Ein Auftragsvertrag kommt formfrei zustande, auch ein solcher über eine Rechtshand-lung (z.B. Vertragsschluss), die formbedürftig ist. Es zeigt sich hier das gleiche Problem wie bei der direkten Stellvertretung (Art. 32 ff. OR): Der Schutzgedanke der Form wird ausgeschaltet, weil der Beauftragte sich im Falle eines Vertragsschlusses für seinen Auf-traggeber kaum fragen wird, ob das was er tut nicht vielleicht übereilt ist? Der Art. 395 OR stellt einen Unterfall von Art. 6 OR dar; Spezialfälle, in denen ein Auftrag ohne ausdrückliche Ablehnung als angenommen gelten darf: • Obrigkeitliche Bestellung: z.B. Monopolaufgaben; • gewerbsmässiges bzw. öffentliches Anbieten: Anwaltstätigkeit, Arzt usf. Allerdings nur im Sinne einer widerlegbaren gesetzlichen Vermutung. bb) Merkmale und Gegenstand des Auftrages Vgl. dazu: Skript, S. 113. cc) Abgrenzungen (insbesondere zur blossen Gefälligkeit) Die Verrechtlichung des Auftrages erfolgte vor allem, um dem Beauftragten eine die Möglichkeit zu geben, Aufwandersatz, Schadenersatz usf. vom Auftraggeber fordern zu können. Prof. Dr. Thomas Koller Im Gegenzug erhielt der Auftraggeber die Möglichkeit, vom Beauftragten ein gewisses Mass an Sorgfalt verlangen zu können (oder Schadenersatz im Verletzungsfalle). Die Abgrenzung des Auftrages von der blossen Gefälligkeit ist nicht einfach vorzuneh-men. Im modernen Recht verlangt der Vertragsschluss nicht nur den Konsens der Par-teien, sie müssen zudem über einen rechtlichen Bindungswillen (Rechtsfolgewillen) ver-fügen. Dieser Bindungswille lässt sich aber meist nur normativ, d.h. nach Treu und Glauben feststellen. Er kann sicher dann angenommen werden, wenn die Leistung ihrer Natur nach nicht ohne einen solchen Willen denkbar ist. Vgl. dazu: [BGE 111 II 471] (K/S 16-6) [BGE 112 II 347] (K/S 27-3) („Gallé-Vase") [BGE 116 II 695] (K/S 3-6)
b) Umfang des Auftrages (Art. 396 Abs. 1 OR)

Aufträge sind meist umfassende Vertragsverhältnisse mit zeitlichen Komponenten. Es
ist oft nicht detailliert zu beschreiben, welche einzelnen Aufgaben der Auftrag umfassen
wird. Das bestimmt sich erst aus der Natur des einzelnen Auftrags (Art. 396 I OR).
Streit um den Umfang des Auftrags entsteht oft, wenn die Honorarforderung an den
Aufwand bzw. die Zeit gebunden ist. Dann wird der Beauftragte möglichst viel zu tun
versuchen („auch noch den Blinddarm herausnehmen") und der Auftraggeber wird be-
streiten, dass gewisse vom Beauftragten ausgeführten Betätigungen zum Auftrag gehört
haben.
c) Auftrag und Vollmacht (Art. 396 Abs. 2 und 3 OR)
Bei Aufträgen zu Tathandlungen (z.B. „Geh' mir ein Auto kaufen!) wird man in der Re-gel indirekte Stellvertretung annehmen müssen. Anders bei Rechtshandlungsaufträgen, wo der Auftrag sich direkt auf die Vornahme ei-ner Rechtshandlung richtet. In diesem Fall wird der Beauftragte neben dem Auftrag auch die Vollmacht zur Vornahme des Geschäfts im Namen des Auftraggebers erhalten. Auftrag und Vollmacht sind allerdings stikte zu unterscheiden: • Vertrag, der eine Pflicht begründet. • Einseitige Ermächtigung, die ein Kön-
Ein Auftrag ist aber häufig die Basis einer Vollmacht (eine Vollmacht ohne irgendeine
andere rechtliche Grundlage ist kaum denkbar). Die Vollmacht kann jederzeit widerru-
fen werden, der zugrundeliegende Vertrag (z.B. Arbeitsvertrag, Auftrag) ist damit aber
nicht aufgelöst (Art. 34 I OR).
Die Vollmacht betrifft das Aussenverhältnis der Vertragsparteien, der Auftrag das In-
nenverhältnis.
III. Die Pflichten des Beauftragten

a) Weisungsgebundenheit (Art. 397 OR)
Prof. Dr. Thomas Koller
Grundsätzlich ist der Auftraggeber Herr des Auftrages, er bestimmt über die Art und
Weise der Durchführung. Dies, obwohl der Beauftragte zumeist sachkundiger ist als der
Auftraggeber.
Ein Arzt beispielsweise kann nicht einfach eine bestimmte Behandlungsart wählen und
durchführen, ohne dass der Patient (Subjekt des Auftrages, nicht Objekt!) dazu sein
Einverständnis gegeben hat.
Aufträge können einen punktuellen Inhalt haben (z.B. einmal die Blumen giessen) oder
sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Ist letzteres der Fall, werden bei Auf-
tragserteilung in der Regel nicht alle Details festgelegt; der Auftrag ist vielmehr offen
und bedarf ständig der Konkretisierung durch Weisungen des Auftraggebers.
aa) Der Begriff der Weisung
Eine Weisung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Auftragge-
bers. Sie konkretisiert einen bestehenden Auftrag (oder eine andere Rechtsbeziehung
wie einen Arbeitsvertrag usf.). Die Weisung ist rechtsverbindlich, d.h. ein Verstoss ge-
gen die Weisung ist eine Vertragsverletzung.
Entsteht dem Auftraggeber trotz Verstosses des Beauftragten gegen eine Weisung kein
Schaden, kann dies u.U. als Verletzung der Persönlichkeit (z.B. eine Operation, in die
nicht eingewilligt wurde) nach Art. 28 ff. ZGB mit entsprechendem Genugtuungsan-
spruch gelten.
Ist der Beauftragte sachkundiger als der Auftraggeber, muss er über allfällige negative
Folgen von Weisung aufklären (z.B. Aufklärungspflicht des Arztes, Anwalts). Besteht
der Mandant dennoch auf seiner Weisung, dann hat der Beauftragte diese auszuführen.
Vgl. dazu auch die Abmahnungspflicht des Werkunternehmers Art. 369 OR.
bb) Grenzen des Weisungsrechts des Auftraggebers
Eine Weisung muss sich im Rahmen des Auftrages bewegen, d.h. sie muss den beste-
henden Auftrag konkretisieren. Eine weitergehende Weisung ist als Antrag für einen
neuen Auftrag zu interpretiert.
Für Weisungen gelten wie für andere Rechtsgeschäfte die allgemeinen Grenzen der Art.
19, 20 OR und 27 ZGB.
Vgl. dazu: [BGE 108 II 197] (K/S 27-1)
cc) Die Entlastungswirkung der Weisung für den Beauftragten und ihre Grenzen
b) Haftung für getreue Ausführung (Art. 398 OR)
Die sorgfältige Ausführung ist schon im Allgemeinen Teil des OR geregelt (Art. 97 f. OR). Der Art. 398 OR kann man deshalb als verunglückt und überflüssig bezeichnen. aa) Sorgfaltspflicht Der Haftungsmassstab des Art. 398 I OR kann nicht ohne weiteres auf alle Auftrags-verhältnisse angewandt werden: Der Arbeitsvertrag konstituiert ein klares Subordinati-onsverhältnis, der Arbeitnehmer hat deshalb keine allzu strengen Sorgfaltspflichten zu beachten (Art. 321a I, 321e OR). Prof. Dr. Thomas Koller Dies kann für Anwälte und Ärzte sicher nicht gelten, die Haftung muss strenger sein. Art. 398 I OR kann der Vielfalt der möglichen Aufträge nicht gerecht werden, weswe-gen auf die besonderen Verhältnisse jedes einzelnen Auftrages abzustellen ist: je nach Sachkunde des Beauftragten (z.B. Werbung mit Zertifikaten) und den Umständen (z.B. Unentgeltlichkeit, Art. 99 II OR usf.) muss die Haftung entsprechend streng gehand-habt werden. Vgl. dazu: [BGE 110 II 283] (K/S 36-6) [BGE 110 II 360 (ital.)] (K/S 36-7) („Texon") [BGE 111 II 72] (K/S 36-9) [BGE 112 II 347] (K/S 27-3) („Gallé-Vase") [BGE 115 II 62] (K/S 27-5) [BGE 117 II 563 (franz.)] (K/S 27-8) bb) Treuepflicht (Interessenwahrungspflicht) und ihre Auswirkungen Vgl. dazu: WIEGAND, in: recht 97, S. 85 ff. α) Diskretions- und Geheimhaltungspflicht Der Beauftragte ist verpflichtet, die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers ge-heimzuhalten. Obwohl das OR und das StGB Normen zur Geheimhaltungspflicht enthalten (z.B. Art. 367 StGB), entstehen diese Pflichten aus dem Auftragsverhält-nis. Sie werden meist stillschweigend vereinbart und sind umfassender als die Geset-zesnormen. Führt die Verletzung der Geheimhaltungspflicht beim Auftraggeber zu einem Scha-den, hat der Beauftragte dafür einzustehen. Eine besondere Situation liegt dann vor, wenn die Verletzung der Geheimhaltungs-pflicht dazu führt, dass eine widerrechtlich Handlung (z.B. Steuerbetrug) des Auf-traggebers entdeckt wird. Es liegt dann zwar ein Schaden beim Auftraggeber vor (z.B. Busse), den er aber nicht geltend machen kann (normativer Schadenbegriff). Denn das Privatrecht darf nicht strafrechtliche Normen um ihren Sinn bringen. Dif-ferenzieren muss man bei ausländischen Bussen: Wäre sie auch nach schweizeri-schem Recht gerechtfertigt, kann sie nicht als Schaden geltend gemacht werden, an-dernfalls schon. β) Doppelvertretung, Selbstkontrahieren und Selbsteintritt BUCHER AT, S. 637 ff. Doppelvertretung: Ein Vertreter ist zur Vertretung beider Parteien gleichzeitig be- fugt. Schwierigkeiten bereitet die Zurechnung des Wissens, d.h. das Wissen des Vertreters wäre an sich beiden Parteien zure-chenbar. Praktischerweise wird derjenigen Vertragspartei das Wissen des Vertreters zugerechnet werden müssen, welche die-sem näher steht. Vgl. dazu: [BGE 112 II 503] (K/S 14-1) Prof. Dr. Thomas Koller Selbstkontrahieren: Wenn jemand als Vertreter eines andern mit sich einen Vertrag selbst schliesst. Das BGer hat solche Insichgeschäfte grundsätzlich für unzulässig erklärt. Nur aus-nahmsweise sind sie zulässig, wenn keine Gefahr der Interessenkollision (derjenigen des Vertreters mit denjenigen der Vertretenen) besteht oder wenn, je nach Situation, das Interesse der Vertragsparteien an der Gültigkeit der Vertrages grösser ist als an dessen Ungültigkeit. Vgl. dazu: [BGE 95 II 617] (K/S 2-2) χ) Obhuts- und Schutzpflichten Jeder Vertrag enthält, wie schon im Römischen Recht, Obhuts- und Schutzpflichten. Sie entstehen entweder stillschweigend aus Vertrag oder aus dem gesetzlichen Schutzverhältnis (dare facere oportere ex fide bona, Art. 2 ZGB). Vgl. oben WIEGAND. Diese Pflichten sind im Auftragsrecht dem Kern des Vertrages näher als bei andern Verträgen (z.B. Kaufvertrag); ein Auftrag umfasst vielfach die Wahrung der Interes-sen des Auftraggebers. δ) Aufklärungs- und Benachrichtigungspflicht WIEGAND, in: FS Gagnér 1991, S. 547 ff. WIEGAND, in: recht 93, S. 149 ff. WIEGAND, in: recht 93, S. 189 ff. WIEGAND, in: recht 97, S. 85 ff. Umstritten ist die Frage, ob den Beauftragten auch eine Aufklärungspflicht für eigene Fehler trifft. Von Bedeutung ist dies vor allem in Fragen der Verjährung. Hat nämlich der Beauftragte (z.B. Arzt) einen Fehler begangen, so schuldet er dem Auftraggeber Schadenersatz. Merkt dies der Auftraggeber nicht und verjährt die Schuld nach 10 Jahren, so bleibt an sich der Schaden bestehen, nur dass dieser nun darin besteht, dass er eine Forderung durch Verjährung verloren hat. Trifft in einem solchen Fall den Beauftragten eine Aufklärungspflicht, dann begeht er durch die Nichtaufklärung ein Dauerfehlverhalten, und er hat für den Schaden aus der Verjährung einzustehen. Der Schaden verjährt nicht, solange er den Auftraggeber nicht aufklärt!!! Dies ist insbesondere im Auftragsrecht von Bedeutung, weil hier die Interessenwahr-nehmung für den Auftraggeber zentral ist. Zumeist werden allerdings keine solchen Aufklärungspflichten über eigene Fehler bestehen, weil grundsätzlich niemand ver-pflichtet werden kann, sich selbst zu bezichtigen. Nur ausnahmsweise kann eine solche Pflicht bestehen, wenn, kumulativ, der Vertrag zur Wahrnehmung fremder Interessen (die des Auftraggebers) verpflichtet, zwischen den Vertragsparteien eine enge Vertrauensbeziehung besteht und eine Schutzbedürf-tigkeit des Auftraggebers besteht (z.B. wenn er selbst nicht rechtskundig ist). Vgl. dazu: TAUPITZ, in: ZBJV 93, S. 671 ff. c) Persönliche Leistungspflicht
aa) Grundsatz und Ausnahmen (Art. 398 III OR) Prof. Dr. Thomas Koller α) Grundsatz Art. 398 III OR ist im Kontext von Art. 68 OR zu sehen, der grundsätzlich keine Verpflichtung zur persönliche Erfüllung vorsieht. Anders im Auftragsrecht: hier be-steht im Zweifelsfall eine persönliche Leistungspflicht. Dies ergibt sich schon aus der oftmals engen Vertrauensbeziehung der Vertragsparteien und daraus, dass der Auftraggeber aus irgendeinem Grund gerade diese Person beauftragt hat. β) Der Beizug von Erfüllungsgehilfen Im Allgemeinen ist es dem Beauftragten nicht verwehrt, Erfüllungsgehilfen zur Ver-tragserfüllung beizuziehen. Er darf nur nicht den ganzen Auftrag oder qualifizierte Teile davon einem Dritten zur selbständigen Erfüllung überlassen (Substitution). Zieht der Beauftragte einen Dritten zur Auftragserfüllung bei, so stellt sich zunächts die Frage, ob es sich um eine Hilfsperson oder um einen Substituten handelt. Für die Hilfsperson haftet der Beauftragte nach Art. 101 OR. χ) Die Zulässigkeit der Substitution Substitution, d.h. Übertragung an einen Dritten, ist erlaubt, wenn der Beauftragte vom Auftraggeber dazu ermächtige worden ist, wenn dies der Üblichkeit entspricht oder wenn die durch besondere Umstände (z.B. Krankheit des Beauftragten) erfor-derlich ist. δ) Abgrenzung: Erfüllungsgehilfe vs. Substitut Der Substitut ist - im Gegensatz zur Hilfsperson - rechtlich und wirtschaftlich eigen-ständig. Den Beauftragten trifft keine Beaufsichtigungspflicht. Zwischen dem Beauftragten und dem Substituten besteht ein Vertragsverhältnis (meist ebenfalls ein Auftag, weil die meisten andern Verträge eine Beaufsichtigungs-pflicht beinhalten). Vgl. dazu: [BGE 92 II 15] (K/S 17-3) („Assistenzarzt") Allenfalls könnte ein gesellschaftsrechtliches Vertragsverhältnis (z.B. einfache Ge-sellschaft) in Frage kommen; hier ist jedoch zu beachten, dass dann das Auftragsver-hältnis meistens nicht mit dem einzelnen Mitglied dieser Gesellschaft geschlossen wird, sondern mit der Gesellschaft (z.B. Gemeinschaftspraxis von Anwälten) als sol-cher, so dass keine Substitution vorliegen kann und die Mitglieder solidarisch haften. Auf der andern Seite wäre ein vollständiger Vertragsparteienwechseln mit Zustim-mung des Auftraggebers denkbar (z.B. Beizug eines Spezialarztes durch den Allge-meinpraktiker). Dann liegt auch keine Substitution vor. bb) Die Schadenersatzpflicht bei unbefugter Substitution (Art. 399 I OR) Zieht der Beauftragte unbefugterweise einen Substituten zu (Art. 399 I OR), so haftet er für diesen ebenfalls nach Art. 101 OR. cc) Die Schadenersatzpflicht bei befugter Substitution (Art. 399 II OR) Prof. Dr. Thomas Koller Zieht der Beauftragte befugterweise einen Substituten bei, ist weiter zu unterscheiden, ob er dies in seinem eigenen Interesse tut oder im Interesse des Auftraggebers. Im ersten Fall haftet der Beauftragte für den Substituten wiederum nach Art. 101 OR. Nur wenn er den Substituten im Interesse des Auftraggebers beizieht, haftet er nur nach Art. 399 II OR, d.h. nur für die sorgfältige Auswahl und gehörige Instruktion des Substituten, nicht aber für die Überwachung (vgl. Art. 55 OR). Vgl. dazu: [BGE 112 II 347] (K/S 27-3) („Gallé-Vase") Die hohen Sorgfaltspflichten, die heute von den Vertragsparteien gefordert sind, bewir-ken allerdings, dass nur noch selten Fälle des befugten Beizuges im Interesse des Auf-traggebers vorkommen. Wenn nämlich der Beauftragte in gewissen Fällen keinen (z.B. sachkundigeren) Substituten beizieht, macht er sich der Sorgfaltspflichtverletzung schuldig, so dass der Beizug des Substituten auch in solchen Fällen in seinem Interesse ist. Vgl. dazu: BGE 119 II 86 dd) Durchgriffshaftung (Art. 399 III OR) Obwohl zwischen dem Auftraggeber und dem Substituten kein Vertragsverhältnis be-steht, kann der Auftraggeber Ansprüche (aus dem Substitutionsvertrag), die eigentlich dem Beauftragten zustehen, direkt gegen den Substituten geltend machen. Problematisch ist Art. 399 III OR im Zusammenhang mit Art. 399 II OR: Haftet der Beauftragte nur für Auswahl und Instruktion des Substituten und hat diese gehörig vor-genommen, entsteht dem Beauftragten auch bei Schlechterfüllung des Substituten kein Schaden, weil der Auftraggeber keine Schadenersatzansprüche gegen ihn hat. Dem Auf-traggeber kann in diesem Fall sehr wohl ein Schaden entstehen, er hat aber keine gesetzliche Möglichkeit, einen Anspruch gegen den Substituten geltend zu machen. Nur Ansprüche des Beauftragten könnte er direkt geltend machen. Vgl. dazu: [BGE 121 III 310] (K/S 36-10) („Banken-Clearing") Das BGer gibt drei Möglichkeiten an, wie das Problem zu lösen wäre: • Durch die Qualifizierung des Vertrages zwischen dem Beauftragten und dem Substi- tuten als Vertrag zugunsten Dritter (Art. 112 OR); • als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter; • oder durch eine ausdehnende Interpretation von Art. 399 III OR (Drittschadensli-
Leider hat das BGer sich für keine der drei Möglichkeiten entscheiden können, sondern
nur festgestellt, dass ein Anspruch des Auftraggebers gegen den Substituten bestehe.
Auf welcher juristischen Grundlage der Anspruch aber beruht, ist weiterhin ungeklärt.
d) Die aus Art. 400 OR fliessenden Pflichten
aa) Rechenschaftspflicht Prof. Dr. Thomas Koller In der Praxis ist es dem Auftraggeber meist nicht möglich, die Höhe seiner Ansprüche
gegen den Beauftragten zu kennen. Da aber eine Klage auf einen bestimmten Betrag
gehen muss, ermöglicht Art. 400 OR die Abrechnung, indem er diese zu einer eigen-
ständigen Pflicht des Beauftragten, die auf dem Prozesswege durchgesetzt werden kann,
macht (z.B. Nebenkostenabrechung des Vermieters, Rechenschaft des Anwalts über
seine Tätigkeit).
Es ist somit zwischen einer ersten Klage auf Abrechnung und einer zweiten auf Bezah-
lung des Abrechnungssaldos zu unterscheiden (Stufenprozess).
bb) Ablieferungspflicht
Die Ablieferungspflicht umfasst nicht nur Geld, sondern auch alles andere, was dem
Beauftragte im Zusammenhang mit dem Mandat zugekommen ist (Akten, Krankenge-
schichten usf.).
Ein Anwalt muss alle ihm zugekommenen Akten (ausser seinen Handnotizen) heraus-
geben. Er darf allerdings Kopien der Akten behalten.
Er darf aber die Herausgabe nicht verweigern, weil seine Honorarforderungen noch
nicht erfüllt worden sind. Einem solchen Retentionsrecht (gesetzliches Pfandrecht, Art.
895 ff. ZGB) steht entgegen, dass die Akten nicht verwertbar sind. Für einen Anspruch
aus Art. 82 OR fehlte die synnallagmatische Verbindung zwischen Honorarforderung
und Herausgabe der Akten. Ob allenfalls ein obligatorisches Rückbehaltungsrecht aus
Art. 1 und 2 ZGB angenommen werden könnte, erscheint fraglich; zumindest bei einem
engen Vertrauensverhältnis des Anwalts zu seinem Mandanten kann nicht davon ausge-
gangen werden.
Die Ärzte stellen sich auf den Standpunkt, bei den Krankengeschichten handle es sich
um Handnotizen, weshalb sie die Originale als Beweismittel behalten können. Der Pa-
tient hat aber immerhin einen Anspruch auf Kopien.
e) Die Sonderregel des Art. 401 OR
aa) Geschichte und Bedeutung bb) Anwendungsbereich α) Verhältnis zur Stellvertretung Schliesst der Beauftragte mit einem Dritten einen Vertrag im Namen des Auftragge-bers, entstehen die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag direkt in der Person des Auftraggebers (direkte Stellvertretung, Art. 32 ff. OR). Hat aber der Beauftragte den Vertrag in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Auftraggebers geschlossen („indirekte Stellvertretung"), entstehen die Rechte und Pflichten in der Person des Beauftragten. Art. 401 OR will nun in gewissen Fällen die Folgen der „indirekten Stellvertretung" denjenigen der direkten angleichen. Fällt der Beauftragte im Falle der „indirekten Stellvertretung" in Konkurs bevor sein Vertragspartner seine Forderungen erfüllt hat, gehen diese - wenn er seinerseits sei-nen Pflichten nachgekommen ist - an den Auftraggeber über (Legalzession). Ohne die Regelung von Art. 401 OR hätte der Auftraggeber nur Anspruch auf die Kon-kursdividende. Prof. Dr. Thomas Koller β) Bedeutung für die Treuhand Das BGer hat es bisher abgelehnt, Treugut anders als das übrige Vermögen des Treuhänders zu behandeln. Grundsätzlich fällt demnach Treugut im Konkurs des Treuhänders in die Konkursmasse. Treuhandverhältnisse sind zumeist Aufträge. Art. 401 OR erfasst also zumindest die-jenigen Fälle, in denen der Treuhänder für den Treugeber von einem Dritten Forde-rungen oder Sachen erwirbt. Die Forderungen gehen von Gesetzes wegen an den Treugeber über (Legalzession) und fallen nicht in die Konkursmasse des Treuhän-ders. Die vom Treuhänder für ihn erworbenen Sachen kann er herausverlangen. Vermögen aus erfüllten Forderungen Dritter und solches, das der Treuhänder vom Treugeber erworben hat, fallen in die Konkursmasse. Vgl. dazu: [BGE 117 II 429] (K/S 13-4) cc) Die Aussonderung von Geld als Sonderfall
Vgl. dazu: [BGE 102 II 103 (franz.)] (K/S 36-5)
IV. Die Pflichten Auftraggebers

a) Bedeutung von Art. 402 OR

aa) Verwendungsersatz und Vergütung nach Art. 394 III OR (Honorar)
Voraussetzung für Verwendungsersatz ist, dass die Auslage begründet ist. Unter den
Verwendungsersatz fallen z.B. Gerichtskostenvorschuss usf. Im Einzelfall ist die Ab-
grenzung schwierig (z.B. gehört der Lohn der Sekretärin zum Honorar, ist nicht Ver-
wendungsersatz).
Die Honorarforderung (Art. 394 III OR) fällt nicht unter Art. 402 OR, ihr kann der
Auftraggeber Art. 82 OR entgegenhalten (den Forderungen auf Verwendungsersatz
nicht).
Auch die Abgrenzung zum Schaden kann Schwierigkeiten bereiten. Das Kriterium ist,
dass Schaden beim Beauftragten unfreiwillig eintritt und die übrigen Auslagen freiwillig
gemacht werden.
Vgl. dazu: [BGE 48 II 487] (K/S 36-1) („Räuber")
cc) Befreiungsanspruch
b) Schadenersatz (insbesondere die analoge Anwendung von Art. 422 OR)

Die unterschiedliche Regelung von Art. 402 II und 422 OR scheint auf eine Panne des
Gesetzgebers zurückzugehen. Daher wird auch im Auftragsrecht (bei unentgeltlichen
Aufträgen!) die Schadenersatzpflicht ohne Verschulden nach Billigkeit (Art. 4 ZGB)
beurteilt und nicht wortwörtlich nach Art. 402 II OR.
Vgl. dazu: [BGE 61 II 95] (K/S 36-2) („Birnbaum")
V. Beendigung des Auftrages

Prof. Dr. Thomas Koller a) Überblick über die gesetzlichen Beendigungsgründe

b) Weitere Beendigungsgründe

aa) Erreichen des Vertragszwecks
bb) Zeitablauf
cc) Aufhebung durch Übereinkunft
Art. 115 OR analog (contrarius actus).
c) Die Kündigung nach Art. 404 OR im Speziellen
aa) Inhalt und Bedeutung Der Auftrag kann jederzeit mit Wirkung ex nunc gekündigt werden (Widerruf bedeutet hier dasselbe, da es sich beim Auftrag meist um ein Dauerschuldverhältnis handelt). Die Kündigung bewirkt die Fälligkeit der Rechenschaftspflicht, der Honorarzahlungs-pflicht usf. Vgl. dazu: [BÄR, in: ZBJV 1985, S. 226 f.] bb) Zur Geschichte von Art. 404 OR cc) Zur Rechtsprechung des BGer: Art. 404 OR als zwingendes Recht Wenn Art. 404 zwingendes Recht darstellt, wie das BGer annimmt, so ist das jederzeiti-ge Kündigungsrecht nicht wegbedingbar. Es dürfen für diesen Fall auch keine Konven-tionalstrafen vereinbart werden. Allerdings wird der zwingende Charakter von Art. 404 OR durch die extensive Ausle-gung des zweiten Absatzes relativiert. Insbesondere können dadurch unbillige Resultate vermieden werden. Vgl. dazu: [BGE 105 II 462] (K/S 27-2) [BGE 115 II 464] (K/S 27-6) dd) Zur (extensiven) Auslegung von Art. 404 II OR α) Was bedeutet Unzeit? Wann Kündigung zur Unzeit vorliegt ist umstritten. Man kann davon ausgehen, dass, je grösser die Nachteile für den Vertragspartner sind, desto eher Unzeit anzunehmen ist. Bei der Beurteilung ist auf den Einzelfall abzustellen. β) Die Rechtsfolgen einer Kündigung zur Unzeit Kündigung zur Unzeit hat zur Folge, dass der Kündigende dem andern den Schaden (das negative Interesse), der aus der Kündigung entsteht, zu ersetzten hat (Art. 404 II OR). Prof. Dr. Thomas Koller χ) Die extensive Auslegung des Begriffs der Unzeit und des zu ersetzenden Schadens durch das BGer Das BGer lässt zwar die Vereinbarung von Konventionalstrafen für Art. 404 I OR nicht zu, aber eine Pauschalabgeltung des Schadens für den Fall, dass die Kündigung zur Unzeit erfolgt. d) Zur Bedeutung von Art. 405 und 406 OR
Bei Art. 405 OR handelt es sich um dispositives Recht. Das Mandat kann über den Tod des Auftraggebers hinaus bestehen, evtl. im Interesse des Beauftragten (z.B. Bankver-bindungen), oder gar erst mit seinem Tod beginnen. Durch das mandantum post mortem kann der Auftraggeber über seinen Tod hinaus gewisse Regelungen treffen. Der Beauftragte wird faktisch zum Willensvollstrecker. Allerdings unter der Einschränkung, dass die Erben den Auftrag jederzeit kündigen und Vollma-chen widerrufen können, da sie in die volle Rechtsstellung des Erblassers eintreten. Der Auftrag über den Tod hinaus ist also nicht „erbenresisten" wie die erbrechtlichen Ver-fügungen von Todes wegen. Kann der Erblasser davon ausgehen, dass die Erben den Beauftragten gewähren lassen, oder dass sie nicht sofort die Erbschaft übernehmen können, hat das mandatum post mor-ten dennoch eine gewisse faktische Bedeutung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

I. Anwendungsbereich

a) Allgemeines
[SCHMID, JÖRG, Geschäftsführung ohne Auftrag.] [Zürcher Kommentar zu Art. 419 ff. OR] SCHMID, JÖRG, in: ZBJV 95, S. 261 ff. aa) Beispiele • Beispiel 1: Hotelier A alarmiert eine Rettungstruppe C, weil Gast B nicht wie ange- kündigt am Abend von seiner Bergwanderung heimgekehrt ist. Wer hat für die Ko-sten des Rettungseinsatzes aufzukommen? Und wer, wenn B gar nie in Gefahr war? • Beispiel 2: A findet B mit aufgeschnittenen Pulsadern und ruft einen Arzt, um B zu retten. Wer hat für die Kosten aufzukommen? • Beispiel 3: B hat Schulden bei C. A bezahlt diese Schulden, ohne dass B dies will. Muss B dem A die Schuldentilgung vergüten? • Beispiel 4: B hat ein Patent, das er nicht nutzt. A verwertet es ohne Einwilligung des B. Kann B etwas von A verlangen? (Vielleicht hat A dieselbe Erfindung noch einmal gemacht.) • Beispiel 5: A verkauft dem B ein Grundstück (ohne noch die Übereignung vorzu- nehmen). Kurz darauf verkauft A dasselbe Grundstück an C und übereignet es ihm Prof. Dr. Thomas Koller sogleich. Hat B einen Anspruch gegen A? Welchen Anspruch hat er, wenn C einen völlig überhöhten Liebhaberpreis bezahlt hat?
bb) Die GoA als gesetzliches Schuldverhältnis
Die Ansprüche aus der GoA entstehen aus Gesetz und beruhen auf willentlichem Tä-
tigwerden, ohne dass ein Vertrag vorliegt. Die GoA ist somit ein frühes (schon bei den
Römern bekanntes) Beispiel für ein sog. faktisches Vertragsverhältnis. Sie ist, als tradi-
tionelle Rechtsfigur, im Gesetz relativ klar geregelt.
Es ist zu prüfen, ob Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können (Art. 422
OR) und/oder Verwendungsersatz und Gewinnherausgabe (Art. 422 und 423 OR) ge-
schuldet ist.
b) Fallgruppen der GoA (Überblick)
Eine erste Einteilung der Fallgruppen: • fremdnützige (altruistische) GoA • eigennützige (egoistische) GoA ∗ echte GoA (S. 126 ff.) bzw. „Geschäftsanmassung" (S. 130 ff.) ∗ „unberechtigte" GoA ∗ bösgläubige ∗ gutgläubige
c) Verhältnis der GoA zu anderen schuldrechtlichen Ansprüchen
aa) Verhältnis der GoA zur Stellvertretung Die Stellvertretung betrifft das Aussenverhältnis, die GoA das Verhältnis zwischen Ge-schäftsherr und Geschäftsführer. Entweder handelt der Geschäftsführer in eigenem Namen aber auf Rechnung des Geschäftsherrn, oder er vertritt den Geschäftsherrn di-rekt. Bei GoA fehlt dem Geschäftsführer in beiden Fällen eine Vollmacht des Geschäftsfüh-rers zur Stellvertretung oder ein Auftrag. Dem Dritten erwachsen aus dem „Geschäft" mit dem Geschäftsführer keine Ansprüche aus der Stellvertretung gegen den Geschäfts-herrn. Dies wäre auch wenig zweckmässig, denn jeder hat zunächst selber zu prüfen, ob die von einem andern behaupteten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Das Risiko des Betruges trägt der Betrogene. bb) Verhältnis der GoA zur ungerechtfertigten Bereicherung Die GoA und die ungerechtfertigte Bereicherung können in Konkurrenz zueinander ge-raten (Beispiel 4, S. 124; wenn B das Patent selber verwerten will). Die beiden Recht-sinstitut schliessen sich gegenseitig nicht aus. Die GoA ist aber zumeist für den Berech-tigten günstiger, da die allgemeine Verjährung von 10 Jahren gilt. Vgl. dazu: BGE 55 II 258 Prof. Dr. Thomas Koller cc) Verhältnis der GoA zum Deliktsrecht
Sind die Voraussetzungen des Deliktsrechts gegeben, können die Rechtsbehelfe eben-
falls nebeneinander angewandt werden. Auch hier erweist sich die GoA oft als günsti-
ger, besonders in Fällen der widerrechtlichen Verletzung (z.B. Persönlichkeitsverletzung
durch unerlaubte Veröffentlichung eines Bildes), in denen dem Verletzte kein Schaden,
dem Verletzer aber ein Gewinn entstanden ist. Hier kann über die GoA (meist „Ge-
schäftsanmassung") der Gewinn abgeschöpft werden.
dd) Verhältnis der GoA zum Vertrag
Liegt ein Vertrag vor, kommt (echte) GoA nicht in Frage. Allenfalls kann „Geschäfts-
anmassung" angenommen werden. Jedenfalls dann, wenn dem einen Vertragspartner
durch die Vertragsverletzung kein Schaden, dem andern aber Gewinn entstanden ist.
Die GoA ermöglicht dann die Gewinnabschöpfung.
Die Konkurrenz zwischen Vertrag und GoA ist umstritten (vgl. S. 130 ff.).
ee) Verhältnis der GoA zu sachenrechtlichen Ausgleichsansprüchen
Die Ausgleichsansprüche des Sachenrechts schliessen die Anwendung der GoA aus, da
sie den durch die GoA angestrebten Ausgleich zumeist schon sachgerecht regeln.
Verkauft A einem Dritten ein Bild, das er selbst von B gekauft hat, und entfällt nach-
träglich der Vertrag zwischen A und B (z.B. wegen Willensmängeln) bedarf es nicht der
Regelung der GoA, weil in diesem Fall die Art. 938 ff. ZGB sachgerechte Ausgleichsre-
geln enthalten.
d) Möglicher Gegenstand der GoA

Gegenstand der GoA könne Tat- und Rechtshandlungen sein. Rechtshandlungen aller-
dings, die nur in direkter Stellvertretung möglich sind, können nicht Gegenstand der
GoA sein, weil die Bevollmächtigung fehlt.
II. Voraussetzungen der echten GoA (Art. 419 OR)

a) Objektive Voraussetzungen
aa) Besorgung eines fremden Geschäftes Bei der GoA muss es sich um die Besorgung fremder Angelegenheiten handeln, d.h. um solche, die nicht (allein) in den Rechtsbereich des Geschäftsführers fallen. bb) Fehlen einer Handlungspflicht Es darf weder eine Handlungspflicht aus Gesetz noch aus Vertrag vorliegen. Hier genü-gen zumeist die vorhandenen Ausgleichsregeln. Prof. Dr. Thomas Koller Anders kann die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn zwar Handlungspflichten (aus Ge-
setz oder Vertrag) bestehen, aber keine Ausgleichsregeln vorliegen (z.B. allgemeine
Pflicht zur Nothilfe nach Art. 128 StGB).
cc) Gebotensein der Geschäftsführung
Blosse Nützlichkeit für den Geschäftsherrn genügt nicht, die Handlung muss geboten
sein. Die Beurteilung erfolgt ex ante nach dem objektiven Massstab des mutmasslichen
Willen des Geschäftsherrn (und erschiene dieser noch so abstrus). Die Grenzen des
mutmasslichen Willens des Geschäftsherrn liegen bei der Sittenwidrigkeit.
Der Massstab darf allerdings nicht zu streng sein, will man nicht jede Hilfeleistung für
andere „abwürgen". Es ist zu fragen, ob es „im Interesse des Geschäftsherrn vernünftig
war" zu handeln.
Die GoA ist ein prekäres Rechtsinstitut, weil zunächst grundsätzlich jeder selber Herr
seiner Rechtssphäre ist, in die niemand sich soll einmischen dürfen.
dd) „Hilfsbedürftigkeit" des Geschäftsherrn
b) Subjektive Voraussetzungen
aa) Geschäftsführungsabsicht Der Geschäftsführer muss den Willen haben, für den andern (und nicht für sich) tätig zu werden. Eine Theorie besagt, dass, wenn jemand im Glauben sei, er handle aufgrund einer Ver-tragspflicht, die Geschäftsführungsabsicht fehle. Der Schadenersatz könne sich dann nicht auf GoA stützen, sondern nur auf Delikt. Dies scheint sachgerecht bei Schaden beim Geschäftsführer, nicht jedoch bei demjenigen, der beim Geschäftsherrn entsteht. Vgl. dazu: BGE 75 II 225 (franz.)
bb) Wiedererlangungsabsicht
Der Geschäftsführer muss zusätzlich im Zeitpunkt des Handelns den Willen haben,
vom Geschäftsherrn Auslagenersatz zu fordern. Andernfalls liegt Schenkungsabsicht
vor. Die Beurteilung erfolgt nach Treu und Glauben.
III. Haftung des Geschäftsführers (Art. 420 und 421 OR)

Der Geschäftsführer hat seine Handlungen so auszuführen, wie dies dem mutmassli-
chen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Er hat mit aller gebotenen Sorgfalt zu han-
deln; er schuldet (wie beim Auftrag, Art. 398 OR) keinen Erfolg.
Anders als beim Auftrag beurteilt sich die Sorgfalt nicht objektiv, sondern nach den
subjektiven Fähigkeiten des Geschäftsführers (z.B. bei einer Lebensrettung seinen me-
dizinischen Kenntnissen). Dies ist sinnvoll, will man die Hilfsbereitschaft nicht „ab-
würgen".
Der Geschäftsführer haftet grundsätzlich für jedes Verschulden (Art. 99 OR). Analog zu
Art. 97 OR wird es als gegeben angenommen. Der Geschäftsführer muss sich exkulpie-
ren.
Prof. Dr. Thomas Koller Bei der echten GoA kommt allerdings Art. 420 II bzw. 99 II OR zur Anwendung.
Bei der unberechtigten GoA und der „Geschäftsanmassung" haftet der Geschäftsführer
ausserdem für Zufall (Art. 420 III OR). Man kann hier von einer Art Eingriffs- oder
Übernahmeverschulden sprechen. Grenze des Eingriffsverbotes ist wiederum die Sit-
tenwidrigkeit.
Handlungsunfähige haften „nur" aus Delikt und ungerechtfertigter Bereicherung (Art.
421 OR).
Der Geschäftsführer schuldet dem Geschäftsherrn (wie im Auftragsrecht) Rechenschaft
über seine Tätigkeit. Er hat ebenso eine Vorteilsherausgabepflicht.
IV. Stellung des Geschäftsherrn (insbesondere Art. 422 OR)

a) Pflichten des Geschäftsherrn
aa) Verwendungsersatz Der Geschäftsherr trägt das Risiko des Scheiterns, d.h. er hat, auch wenn der Erfolg nicht eingetreten ist, Verwendungsersatz zu leisten (Art. 422 OR, vgl. auch Art. 939 ff. ZGB). Die Abgrenzung der notwendigen und nützlichen Aufwendungen von den luxu-riösen und überflüssigen hat nach Treu und Glauben ex ante zu erfolgen. Grundsätzlich braucht sich niemand etwas aufdrängen zu lassen, die Notwendigkeit und Nützlichkeit hat deshalb einen Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der Handlung überhaupt. Allerdings darf auch hier im Hinblick auf die Hilfsbereitschaft der Massstab nicht zu streng sein. bb) Befreiung von „übernommenen" Verbindlichkeiten Während der Verwendungsersatz Auslagen betrifft, die der Geschäftsführer bereits ge-habt hat, fallen unter die „übernommenen" Verbindlichkeiten alle noch bestehende Forderungen von Dritten (die in einem Zusammenhang mit der GoA stehen und nützli-che oder notwendige Aufwendungen betreffen). Die Befreiung von „übernommenen" Verbindlichkeiten kann auf verschiedene Arten konzipiert werden: • Variante 1: Der Geschäftsführer schliesst mit dem Dritten in eigenem Namen einen Vertrag (zumeist einen Auftrag) über die Hilfeleistung an den Geschäftsherrn. D.h. der Geschäftsführer schuldet dem Dritten selbst aus dem Vertrag (z.B. Lohn für Ret-tung, Aufwendungen usf.). Der Geschäftsherr hat den Geschäftsführer in diesem Fall durch Schuldübernahme zu befreien. Ob durch interne oder externe Schuldübernah-me spielt keine Rolle. • Variante 2: Der Geschäftsführer schliesst (als falsus procurator) mit dem Dritten den Vertrag im Namen des Geschäftsherrn. Zwischen ihm und dem Dritten entsteht in diesem Fall kein Vertrag, und der Vertrag zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten bleibt - weil keine Bevollmächtigung vorlag - in der Schwebe. Der Geschäfts-führer hat hier den Vertrag nachträglich zu genehmigen und wird selber Vertragspar-tei. Prof. Dr. Thomas Koller • Variante 3: Der „Geschäftsführer" handelt nur faktisch (ohne Geschäftswillen), um dem Dritten die Gelegenheit zu geben, selber in ein Rechtsverhältnis (GoA) mit dem Geschäftsherrn zu treten. Der „Geschäftsführer" fällt ganz aus dem Rechtsverhältnis und haftet so dem Geschäftsherrn nicht. Der Dritte wird selbst Geschäftsführer. Diese Konzeption wird beispielsweise von der REGA vertreten, da so die Hilfsbe-reitschaft gefördert wird. Derjenige, der für einen andern Hilfe anfordert, haftet nicht und muss keine weiteren Gedanken über das Rechtsverhältnis machen (ausser natür-lich er fordere die Hilfe ohne Notwendigkeit an). Dieses Konzept erscheint überall dort als sachgerecht, wo Rettung gewerbsmässig angeboten wird, oder wo die Hilfe Standespflicht ist (bei Ärzten usf.).
Weil die GoA verschiedene Konzepte zulässt, ist oft unklar, wer eigentlich Vertragspar-
tei ist. Das ist, da in der Praxis kaum eines der Konzepte von den Beteiligten ausdrück-
lich gewählt wird, im Einzelfall nach Treu und Glauben zu beurteilen. („Konnte A nach
Treu und Glauben annehmen, B sei sein Vertragspartner.?")
Vgl. dazu: [BGE 115 II 474] (K/S 45-7) („Ferienwohnung an der Adria")
cc) Schadenersatz
Der Geschäftsherr schuldet - anders als im übrigen Vertragsrecht - Schadenersatz ver-
schuldensunabhängig nach Billigkeit (Art. 422 I OR und Art. 4 ZGB). Bei unentgeltli-
chen Aufträgen wird, um Wertungswidersprüche zu verhindern, der Art. 422 OR analog
angewendet (vgl. S. 122.).
Vgl. dazu: [BGE 61 II 95] (K/S 36-2) („Birnbaum")
dd) Anspruch auf Lohn bzw. Honorar?
Das Gesetz geht von der traditionellen, freiwilligen Hilfeleistung aus. Gewerbsmässige
Rettung (z.B. REGA) ist nicht vorgesehen. Indem der Geschäftsführer vermögensmä-
ssig so gestellt werden soll, wie er stünde, wenn er nicht gehandelt hätte („negatives In-
teresse"), wird das Gesetz diesen neuen Sachverhalten nicht gerecht. Zwar können
Verwendungen (z.B. Benzin, Materialverbrauch usf.) vom Geschäftsherrn gefordert
werden, umstritten jedoch ist der Anspruch des Geschäftsführers auf ein Honorar oder
Generalunkosten (z.B. Anschaffung und Unterhalt der Rettungsgerätschaften), die nicht
dem Einzelfall zuzuordnen sind.
Sachgerecht - jedenfalls für den Fall der gewerbsmässigen Hilfeleistung - ist es deshalb,
dem Geschäftsführer einen Anspruch auf ein Honorar und Geschäftsgewinn zuzugeste-
hen. Zumal dieses Resultat auch in demjenigen Fall zustande kommt, wo der Ge-
schäftsführer die Rettungsorganisation beauftragt dem Geschäftsherrn zu helfen (vgl.
oben Variante 1). In diesem Fall hat nämlich die Rettungsorganisation einen Anspruch
aus Auftrag gegen den Geschäftsführer, der ohne Weiteres ein Honorar umfassen kann.
Und der Geschäftsführer seinerseits kann vom Geschäftsherrn das Ganze als Verwen-
dung fordern. (Zum selben Resultat führt übrigens auch Variante 2.)
b) Gegenansprüche des Geschäftsherrn
Gegenansprüche des Geschäftsherrn sind nach den allgemeinen Regeln mit denjenigen des Geschäftsführers verrechenbar. Prof. Dr. Thomas Koller V. Die „Geschäftsanmassung" (Art. 423 OR)

a) Tatbestand
Wer unbefugt in die Rechtssphäre eines andern eindringt, ist nicht eigentlich Geschäfts-führer. Dieser Fall ist aber seit je unter die GoA eingeordnet worden. Die Vorteilsher-ausgabe aus diesem Grund ist heute weit wichtiger geworden als die Fälle echter GoA. Unter den Art. 423 OR fallen auch die Fälle der unberechtigten GoA. aa) Besorgung eines fremden Geschäftes trotz Fehlens einer Handlungspflicht Fehlt eine Handlungspflicht, ist der Eingriff in die fremde Rechtssphäre widerrechtlich. Dass bei der Verletzung fremder absoluter Rechte Ansprüche aus GoA entstehen kön-nen ist unbestritten. Umstritten ist, ob dies auch der Fall sein soll, wenn fremde relative Rechte verletzt werden. (Bucher spricht sich dagegen aus, die nahezu herrschende Leh-re dafür.) • Wird jemandes Rechtssphäre dadurch verletzt, dass sein Bild unbefugterweise veröf- fentlicht wird (Verletzung eines absoluten Persönlichkeitsrechts), kann er vom Ge-schäftsführer aufgrund des Art. 423 OR Gewinnherausgabe fordern. • Im Falle eines Doppelverkaufs (Beispiel 5, S. 124.) verletzt der Verkäufer „nur" ein relatives Recht desjenigen Käufers, der leer ausgeht. Aufgrund des Vertrages kann der geprellte Käufer zwar Ersatz des Schadens (Vermögensdifferenz) fordern, nicht aber einen Gewinn des Verkäufers, den er selbst objektiv nicht erzielt hätte. Lässt man einen Anspruch aus GoA auch bei der Verletzung relativer Rechte zu, kann der Käufer neben dem Schadenersatz (der allenfalls gar nicht besteht) über Art. 423 OR eine Vorteilsherausgabe fordern (Gewinnabschöpfung). • Haben zwei Geschäftspartner ein Konkurrenzverbot vereinbart, und hält sich der ei- ne nicht daran, kann aus dem Vertrag Schadenersatz verlangt werden. Oft ist es aber schwierig, einen Schaden nachzuweisen (weshalb zumeist Konventionalstrafen ver-einbart werden). Über Art. 423 OR könnte Vorteilsherausgabe verlangt werden, oh-ne dass ein Schaden nachgewiesen werden müsste. Die Pflicht zur Rechenschaft besteht (wie im Auftragsrecht) auch bei der GoA. Der Ge-schäftsherr kann also vom Geschäftsführer eine Abrechnung allenfalls klageweise ver-langen. Verneint man die Anwendung der GoA bei der Verletzung relativer Rechte, müsste al-les über den Schadenersatz abgewickelt werden. Es ist zum einen umstritten, ob der er-zielte Gewinn des Geschäftsführers überhaupt als Schaden des Geschäftsführers be-trachtet werden kann. Zum andern ergibt sich für den Kläger das Problem (auch wenn ein erweiterter Schadenbegriff den Gewinn umfasste), die Höhe des Schadens zu be-stimmen und diesen zu beweisen. Die Frage, ob die GoA auch bei der Verletzung relativer Rechte Anwendung finden soll, ist letztlich eine rechtspolitische Wertungsfrage. Sollen auch Ansprüche aus GoA in Fällen entstehen, die selbst in der Nähe der Grenzen des Sittlichen liegen (vgl. Kon-kurrenzverbot und Art. 27 ZGB)? bb) Handeln im eigenen Interesse des Geschäftsführers (oder im Interesse eines Dritten) Prof. Dr. Thomas Koller cc) Relevanz des guten oder bösen Glaubens des Geschäftsführers Die u.U. unbillig erscheinenden Resultate bei der Anwendung der GoA auch bei der Verletzung relativer Rechte können durch den Einbezug subjektiver Voraussetzungen korrigiert werden. Normalerweise ist eine Haftungsverschärfung von subjektiven Vor-aussetzungen abhängig, weshalb sich heute die Meinung durchsetzt, dass auch die An-wendung des Art. 423 OR an solche Elemente, namentlich den bösen Glauben ge-knüpft werden sollte. Bisher hat das BGer sich noch nicht ausdrücklich dafür ausgesprochen und in einem früheren Entscheid gar die Beachtung von subjektiven Voraussetzung abgelehnt. Neu-erdings hat es aber in einem obiter dictum die Beachtung solcher Elemente bejaht. Vgl. dazu: [BGE 97 II 169] (K/S 37-2) [BGE 119 II 40 (franz.)] (K/S 35-15)
Dies bedeutete, dass, wer guten Glaubens ein absolutes oder relatives Recht eines an-
dern verletzt, allein aus Delikt und ungerechtfertigter Bereicherung haftete und nicht
nach Art. 423 OR.
Um so wichtiger wird dann die Frage, wie hoch die Anforderungen an die Sorgfalt des
Geschäftsführers sind, damit er noch als gutgläubig gelten kann (Art. 3 II ZGB). Im Fal-
le der Patentverletzung (Beispiel 4, S. 124.) fragt sich demnach, wie intensiv nachge-
forscht werden muss, ob schon ein solches Patent besteht, bevor man sich an die Ver-
wertung machen darf.
b) Rechtsfolgen

aa) Vorteilsherausgabe
bb) Schadenersatz
cc) Ansprüche des Geschäftsführers
Dem Geschäftsführer stehen, wenn er ungerechtfertigt in die Rechtssphäre des Ge-
schäftsherrn eingreift, keine Ansprüche aus GoA zu. Er hat sich an das Delikts- und Be-
reicherungsrecht zu halten (Art. 423 II OR). Die Verjährungsfrist ist hier die bereiche-
rungsrechtliche (Art. 67 OR).
Vgl. dazu: [BGE 86 II 18 (franz.)] (K/S 37-1)
c) Verhältnis zum Bereicherungsrecht
Bei GoA liegen zumeist auch die Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung (Eingriffskondiktion) vor. Die Kondiktion will aber nur Vermögensverschiebungen rückgängig machen und nicht Gewinne abschöpfen. Deshalb ist die Anwendung der GoA vorteilhafter, zumal auch die Verjährung nicht schon nach einen sondern erst nach zehn Jahren (Art. 127 OR) eintritt. Prof. Dr. Thomas Koller
4. TEIL: DIE GEBRAUCHSÜBERLASSUNGSVERTRÄGE

A
Allgemeines

I. Gesetzliche Formen

a) Miete (Art. 253 ff. OR)
Die objektiv wesentlichen Elemente des Mietvertrags sind: • Gebrauchsüberlassung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen; • während eines begrenzten Zeitraumes; • für einen bestimmten Mietzins.
Wird kein Mietzins vereinbart, handelt es sich nicht um einen Mietvertrag, sondern um
einen Innominatkontrakt oder, wenn explizit Unentgeltlichkeit vereinbart ist, um Leihe
(Art. 305 ff. OR).
Der Vermieter schuldet kein Tun, er hat allein die Mietsache dem Mieter zu überlassen.
Nur ausnahmsweise hat er Nebenpflichten zu erfüllen (z.B. Heizen der Wohnung, Er-
halten der Gebrauchstauglichkeit).
Der Mieter hat den Mietzins zu entrichten, er ist aber nicht verpflichtet, die Sache auch
zu gebrauchen (ausser der Mietzins berechnet sich nach dem Umsatz, der aus dem Ge-
brauch der Mietsache (z.B. eine Gastwirtschaft) folgt.
b) Pacht (Art. 275 ff. OR)

Im Unterschied zum Mieter hat der Pächter nicht nur das Recht zum Gebrauch der Sa-
che, er darf auch die Früchte und Erträgnisse der Sache behalten. Pachtobjekt können
Patente, Markenrechte, Jagdrechte, landwirtschaftliche Grundstücke usf. sein. (Das
Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht geht den Regeln des OR vor!)
Die Abgrenzung zur Miete kann im Einzelfall schwierig sein. Hauptmerkmal der Pacht
ist zunächst, dass der Pächter - im Gegensatz zum Mieter - neben dem Gebrauchs- auch
ein Nutzungsrecht an der Sache hat. Daneben hilft oft die Frage, ob der Mieter bzw. der
Pächter seinen Verdienst zur Hauptsache durch eigene unternehmerische Leistung oder
aus der Nutzung der Sache erzielt. Das BGer spricht sich im Übrigen für eine extensive
Zuordnung unter das Mietrecht aus.
Die Unterscheidung von Pacht und Miete ist heute nicht mehr von grosser Bedeutung,
da beide Rechtsinstitute gleichen oder ähnlichen Regeln folgen.
c) Leihe (Art. 305 ff. OR)
Die Bestimmungen des OR unterscheiden Gebrauchsleihe (Art. 305 ff. OR) und Darle-hen (Art. 312 ff. OR). Die Gebrauchsleihe zeichnet sich durch die zwingend unentgelt-liche Gebrauchsüberlassung aus. Bei Entgeltlichkeit fällt der Vertrag unter die Bestim-mungen des Mietrechts. Im Falle des Darlehens liegt keine Gebrauchsüberlassung vor, vielmehr werden die dar-geliehenen Sachen übereignet (Eigentumsübertragung). Die Rückgabe der Sachen (ver-tretbare Sachen in gleicher Menge und Güte) erfolgt wiederum durch Eigentumsüber-tragung. Und im Gegensatz zur Leihe kann das Darlehen entgeltlich sein. Prof. Dr. Thomas Koller Die wirtschaftliche Bedeutung der Gebrauchsleihe ist gering, obwohl sie im Alltag häu-
fig vorkommt. Das Darlehen hat wirtschaftlich eine grosse Bedeutung.
d) Gebrauchsüberlassungsverträge in Spezialgesetzten

Weitere Gebrauchsüberlassungsverträge sind ausserhalb des OR geregelt, z.B. die
Schiffsmiete und der Chartervertrag (beide im Schifffahrtsgesetz).
II. Mietähnliche Rechtsverhältnisse, insbesondere Leasing

Vgl. dazu: Skript, S. 77, 84.
• Eine der wichtigsten Fragen bezüglich dieser Rechtsverhältnisse ist, ob diejenigen
Normen, die den Schutz des Mieters bezwecken (z.B. Art. 256 II lit. a OR), auch auf atypische, aber mietähnliche Verträge (z.B. Leasing) Anwendung finden? Oder ob die Normen des Mietrechts durch Verwendung atypischer Vertragselemente umgangen werden können? Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst der Schutzbereich der einzelnen Norm festgestellt werden, um danach zu entscheiden, ob der betreffende Vertrag un-ter diese fällt oder nicht. • Liegt bei bestimmten Gebrauchsüberlassungsverträgen (z.B. Leasing) überhaupt noch Gebrauchsüberlassung vor und nicht vielmehr schon Sachüberlassung im Sinne von Eigentumsübertragung? Sind Leasingnehmer und Leasinggeber wirtschaftlich so gestellt, wie wenn sie eine Eigentumsübertragung vorgenommen hätten (z.B. durch Wegbedingen der Instand-haltungspflicht des Leasinggebers), kommt der Leasingvertrag entweder mit dem nu-merus clausus der sachenrechtlichen Institute oder der Formvorschrift für den Eigen-tumsvorbehalt in Konflikt: Denn auf der einen Seite behält der Leasinggeber eine Art faktisches besitzloses Pfand an der Sache, das es laut Sachenrecht nicht geben kann (Art. 717, 884 ZGB), oder die Sachlage muss als Eigentumsvorbehalt des Leasing-gebers gedeutet werden. Der Eigentumsvorbehalt müsste im Eigentumsvorbehalts-register eingetragen werden (Art. 715 ZGB). Solche Fragen stellen sich insbesondere im Zusammenhang mit der Publizität der Eigentumsverhältnisse (vgl. Art. 930 ZGB) und damit dem Schutz anderer Gläubi-ger. Vgl. dazu: [BGE 118 II 150] (K/S 45-8) („Finanzierungsleasing 1") HAUSHEER, in: ZBJV 1992, S. 480 ff. WIEGAND, in: recht 92, S. 110 ff. WIEGAND, in: ZBJV 1994, S. 266 ff.
III. „Wesen" der Gebrauchsüberlassung und Vergleich mit Werk- und Kaufver-
trag

Anders als in Erfüllung eines Kaufvertrages wird bei der Gebrauchsüberlassung nicht
die gesamte Substanz der Sache übereignet, sondern nur die Möglichkeit der zeitlich be-
fristeten Nutzung eingeräumt. (Eine unbefristete Gebrauchsüberlassung verstiesse er-
Prof. Dr. Thomas Koller stens gegen Art. 27 OR und stellte faktisch eine vollständige Substanzüberlassung, d.h.
Eigentumsüberlassung, dar.)
Der Werkvertrag dagegen fordert vom Unternehmer im Gegensatz zur blossen Ge-
brauchsüberlassung ein Tätigwerden, er schuldet einen Erfolg.
IV. Insbesondere die Vergütung („Zins") als Gegenleistung für den Gebrauch

Bei den meisten Gebrauchsüberlassungsverträgen (ausser bei Leihe und Darlehen) ist
die Vergütung ein vertragstypisches Element. Dieser zumeist als Gesamtsumme verein-
barte Zins setzt sich - nach aussen nicht sichtbar - zusammen aus einer Verzinsungs-
komponente, einer Kostenkomponente und einer Abschreibungskomponente (für Sub-
stanzverluste).
In seiner früheren Rechtsprechung sah das BGer die grundsätzliche Einigung über die
Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung als genügend an. Der Zins brauchte weder
festgelegt noch bestimmbar zu sein. Allenfalls konnte der Richter - zumindest für die
bereits verstrichene Zeitdauer - die Höhe des Zinses festlegen.
Dies, weil das BGer die Möglichkeit der Festsetzung des Zinses als allgemeinen Rechts-
satz auffasste, analog zu den Normen des Arbeits- und Werkvertrages und des Auftra-
ges (Art. 320, 322, 374, 394 III OR).
Neuerdings hält das BGer die Verabredung der Entgeltlichkeit nicht mehr für genügend,
der Zins müsse mindestens bestimmbar sein, sonst bestehe kein Vertrag, weil ein we-
sentliches Element (essentialium negotium) fehle.
Vgl. dazu: [BGE 100 II 330] (K/S 11-2)
[BGE 108 II 112] (K/S 11-3) [BGE 119 II 347] (K/S 11-5) [GUHL/MERZ/KOLLER (plus neueste Rechtsprechung)] Blatt mit Hinweisen [Grauer Kommentar, 2. Auflage] HONSELL BT (etwas kurz)
I. Sozial- und rechtspolitische Bedeutung

Das OR macht keinen Unterschied zwischen der Miete von beweglichen und unbeweg-
licher Sachen. Allerdings enthält es viele Sonderbestimmungen für bestimmte Arten von
Mietverhältnissen.
a) Mobiliarmiete
Bezüglich der Vermietung beweglicher Sachen ist insbesondere Art. 266k OR (entschä-digungslose Kündigung) von Bedeutung, da es sich in diesem meist um Konsumenten-verträge handelt. Die Miete von Konsumgütern wird oft als „Leasing" bezeichnet, auch wenn kein inhalt-licher Unterschied zur Miete besteht. Das „eigentliche" Konsumgüterleasing wird in der Regel, insbesondere wenn das Vertragsverhältnis nicht aufgelöst werden kann, dem Ab-zahlungsrecht unterstellt (Art. 226m OR). Durch Art. 266k OR könnte man sich nun Prof. Dr. Thomas Koller auf den Standpunkt stellen, es liege Miete vor, der „Mieter" könne ja jederzeit zurück-
treten, und so die Anwendung des Abzahlungsrechts umgehen.
Das Verhältnis von Art. 226m und Art. 266k OR ist bisher ungeklärt. Es liegen bisher
keine Urteile vor. Allerdings sollte Art. 266k OR nur dann angewendet werden, wenn
der Vertrag nicht dem Abzahlungsrecht untersteht, da der Gesetzgeber wohl nicht die
Absicht hatte, mit Art. 266k den Art. 226m OR zu umgehen.
Immerhin kennt auch das Mietrecht Schutzvorschriften (z.B. Art. 256 II lit. a OR).
Vgl. dazu: HONSELL BT, S. 371f.
b) Immobiliarmiete
aa) Generelles Die Miete von unbeweglichen Sachen (Immobilien) ist unübersichtlich geregelt. Einige Regeln gelten für Wohnungs- und Geschäftsraummieten, andere nur für Wohnungsmie-ten usf. bb) Die Miete von Ferien- und Luxuswohnungen Als Ferienwohnungen gelten Wohnungen, die für urlaubsbestimmten und weniger als 3 Monate dauernden Aufenthalt gemietet werden (Art. 253a II OR). Für Ferienwohnun-gen besteht kein Schutz vor missbräuchlichen Mitzinsen oder Kündigung (Vgl. aber immerhin Art. 274a I OR). Für Luxuswohnungen besteht ebenfalls kein Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen (Art. 253b II OR). Als Luxuswohnung gilt eine Wohnung mit luxuriösem Ausbaustan-dart (Gesamtbetrachtung des Einzelfalles) und mehr als sechs Wohnräumen. cc) Die Geschäftsraummiete Für die Geschäftsraummiete sieht das Gesetz ein Retentionsrecht des Vermieters (Art. 268 ff. OR) und unterschiedliche Kündigungs- und Mieterstreckungsfristen (Art. 266d und Art. 272b OR) vor. Die Abgrenzung von Wohn- und Geschäftsräumen kann in Einzelfällen Schwierigkeiten bereiten. Das Gesetz selbst bietet keine Definition an. Nach den Materialien zum Mietrecht, definiert der Gesetzgeber solche Räume als Geschäftsräume, die gemäss Ver-einbarung der Ausübung eines Gewerbes dienen. Das BGer wiederum hat den Begriff des Geschäftsraumes sehr weit ausgelegt, sodass der Begriff „alle jene Räumlichkeiten umfasst, die tatsächlich dazu beitragen, dass der Mieter seine Persönlichkeit in privater und wirtschaftlicher Hinsicht entfalten kann". Keine Geschäftsräume sind (ebenfalls nach BGer) Autoabstellplätze in Tiefgaragen und Bastelräume. Vgl. dazu: BGE 110 II 51 BGE 113 II 406 (franz.) dd) Die Wohnungsmiete Prof. Dr. Thomas Koller Die sozialpolitisch wichtigste Art der Miete ist die Wohnungsmiete, da sie ein Elemen-
tarbedürfnis nach Wohnen betrifft. Über 60% der Einwohner der Schweiz sind Mieter.
Als Wohnung gilt jeder Raum, dessen Nutzung vereinbarungsgemäss mit Wohnen um-
schrieben werden kann. Ständige Anwesenheit ist jedoch nicht gefordert.
II. Das „neue" Mietrecht

Das Mietrecht ist 1911 ohne Änderung aus dem aOR in das OR übernommen worden
und hat bis 1970 keine Änderung erfahren. Daneben bestanden aber fast ständig „not-
rechtliche" Sondererlasse zur Wohnungsmiete. Diese hatten z.T. nur regionale Geltung,
waren zeitlich beschränkt und betrafen u.a. die Kontrolle der Mietpreise, Regelungen zu
unbenutztem Wohnraum, Einschränkung des Kündigungsrechts.
Im Jahr 1970 wurde die Möglichkeit der Erstreckung von Mietverhältnissen eingeführt
und 1972 der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mitwesen
(BMM) erlassen. (Der BMM ist durch die zugehörige Rechtsprechung von Bedeutung
geblieben, da die Regelung der heutigen ungefähr entsprach.)
Das Mietrecht kennt schon seit 1972 eine eigene Verfassungsgrundlage (Art. 34septies
BV), auch wenn an sich Art. 64 BV als Grundlage genügte. Diese zunächst konjunktur-
politisch motivierte Bestimmung wurde 1986 aufgrund sozialpolitischer Erwägungen
abgeändert und ermöglichte in der Folge die Revision des Mietrechts.
Mit dem Inkrafttreten des revidierten Mietrechts (1990) ist das Mietrecht wieder ver-
einheitlicht und als Ganzes in OR geregelt (Rekodifikation).
Vgl. zur Rekodifikation: WALTER, in: recht 97, S. 1 ff.
Das neue Mietrecht gilt auch für Mietverhältnisse, die vor 1990 abgeschlossen worden
sind, soweit der Lebenssachverhalt sich nach Inkrafttreten ereignet hat. (Vgl. die Über-
gangsbestimmungen des OR zum Mietrecht.)
Die wichtigsten Revisionspunkte des „neuen" Mietrechts sind u.a.:
• Verstärkter Kündigungsschutz für die Mieter (der in der BV explizit erwähnt wird, da ohne Kündigungsschutz kein wirklicher Mieterschutz gewährleistet werden kann, Art. 271 ff. OR). • Ausgebaute Mängelrechte: der Mieter kann den Mietzins hinterlegen oder selber her- absetzen (mit dem Risiko, dass wenn er den Mietzins zu sehr herabsetzt, er in Ver-zug kommt, Art. 259a II lit. b OR). • Veränderte Rechtslage beim Verkauf durch den Vermieter („Kauf bricht Miete nicht"; Art. 261f. OR). • Einschränkung des Retentionsrechts auf die Miete von Geschäftsräumen (Art. 268 ff.
Vgl. dazu: BUCHER BT, S. 179f.
III. Vertragsschluss

a) Allgemeines
aa) Inhalt und Form (Art. 253 OR) Der Mietvertrag (Inhalt: Gebrauchsüberlassung gegen Mietzins) kommt formfrei (Art. 11 OR) durch Konsens der Vertragsparteien zustande (Art. 1 ff. OR). In der Regel liegt Prof. Dr. Thomas Koller ein Mietvertrag aber schriftlich vor. Es gibt Normverträge, die vom Mieterverband und anderen Organisationen herausgegeben werden. Fragen könnte sich deshalb, ob nicht die Verkehrsübung einen Formvorbehalt der Parteien vermuten lässt (Art. 16 OR). Ein solcher Vorbehalt müsste aber zumindest stillschweigend vereinbart worden sein. Vgl. dazu: [BGE 100 II 18] (K/S 3-4) G./S. 585 ff., 600 ff. Formbedürftig (einfache Schriftlichkeit) ist die Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter über die Vormerkung des Mietverhältnisses im Grundbuch (Art. 261b OR und Art. 71 I GBV14). bb) Koppelungsverbot (Art. 254 OR) (Im Unterschied zum OR AT, wo die Vereinbarung über die Verknüpfung von zwei Verträgen Koppelungsgeschäft genannt wird, ist im Mietrecht mit Koppelungsgeschäft der mit dem Hauptgeschäft verknüpfte Vertrag gemeint.) Das Verbot von Koppelungsgeschäften im Mietrecht soll verhindern, dass der Mieter (der Vermieter wird nicht geschützt) genötigt wird, zusammen mit dem Mietvertrag ei-nen mietfremden Vertrag abzuschliessen (z.B. Versicherungsvertrag, Kaufvertrag, vgl. Art. 3 VMWG15), wenn das Interesse des Mieters allein im Abschluss des Mietvertrages besteht. Deshalb kann u.U. die Verpflichtung des Mieters zum Abschluss einer Privathaft-pflichtversicherung erlaubt sein (solange die freie Wahl der Versicherungsgesellschaft gewährleistet ist), weil dies ebenso im Interesse des Mieters wie des Vermieters ist (Ver-hinderung der Insolvenz des Mieters im Fall von Schäden an der Wohnung). Für den Abschluss einer Hausratversicherung sieht es schon wieder anders aus, denn in diesem Fall braucht es den Vermieter in keiner Weise zu kümmern, ob der Mieter seine Möbel usf. versichert oder nicht. Im Falle von Dienstwohnungen kommt das Verbot deshalb nicht zur Anwendung, weil das Interesse des Mieters primär auf den Arbeitsvertrag und nicht auf den Mietvertrag gerichtet ist. Wenn als Bedingung für die Miete der Wohnung eine Arbeitsleistung (z.B. Abwartstä-tigkeit, Rasenmähen) vorausgesetzt ist, muss zwischen den Interessen des Vermieters und denjenigen des Mieters abgewogen werden: u.a. ob diese Tätigkeit entsprechend entschädigt wird und wie sachfremd diese Verpflichtung zum Mietvertrag steht. (Beispiel: Vermietet eine ältere Person die zweite Wohnung ihres Hauses nur unter der Bedingung, dass der Mieter sich gegen Entschädigung um den Garten kümmert, weil sie selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, kann die Verknüpfung eher bejaht werden, als wenn der Mieter während des Mietverhältnisses plötzlich unter Androhung der Kündi-gung zur Gartenarbeit genötigt werden soll.) Die Rechtsfolge eines Verstosses gegen das Koppelungsverbot ist Nichtigkeit der ent-sprechenden Teile des Mietvertrages. Auf diese Nichtigkeit kann sich allerdings nur der Mieter berufen (Rechtsmissbrauchsverbot, Art. 2 II ZGB). Ist der Koppelungsvertrag schon von beiden Parteien erfüllt, kann auch die Berufung durch den Mieter rechts-missbräuchlich sein (wie bei der Ungültigkeit bei Formfehlern). Andernfalls sind die 14 Grundbuchverordnung, SR 211.432.1 15 Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen, SR 221.213.11 Prof. Dr. Thomas Koller ausgetauschten Leistungen nach Bereicherungsrecht zurückzugeben. Problematisch ist
in diesem Zusammenhang Art. 66 OR.
Vgl. dazu: G./S. 1548 ff.
b) Die Problematik Allgemeiner Geschäftsbedingungen (Art. 256 II lit. a OR)

Grundsätzlich werden AGB in Mietverträgen behandelt wie im AT OR (Ungewöhn-
lichkeitsregel, Unklarheitenregel).
Vgl. dazu: Skript, S. 20 ff.
Betreffen die AGB jedoch abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Mieters bezüg-
lich der in Art. 256 I OR genannten Pflichten des Vermieters, so sind diese Vereinba-
rungen nichtig. Diese Pflichten können nur individuell wegbedungen werden.
Aus Art. 256 II lit. a OR liesse sich die Nichtigkeitsfolge auch für AGB ableiten, die
gegen Art. 8 UWG verstossen. Diese Norm sieht nämlich keine Sanktion für den Ver-
trag selbst vor, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt sind.
Vgl. dazu: WIEGAND, in: recht 92, S. 110 ff.
IV. Vertragsinhalt

a) Grundsatz

Im Mietrecht besteht, wie im übrigen Vertragsrecht, grundsätzlich Vertragsfreiheit.
b) Einschränkung der Vertragsfreiheit

Eingeschränkt wird die Vertragsfreiheit allerdings durch die zahlreichen zwingenden
Normen des Mietrechts (als Sozialrecht). Der Gesetzgeber hat jedoch nicht genau fest-
gelegt, welche Normen zwingendes Recht, welche relativ zwingendes Recht (d.h. nur
zugunsten des Mieters abänderbar) und welche Normen dispositiv sind. Normen wie im
Arbeitsrecht (Art. 361 und 362 OR) fehlen.
Es gibt Normen die ihren zwingenden Charakter unmittelbar selber festhalten (durch
die Sanktion der Nichtigkeit, Setzten von Mindestfristen usf.): z.B. Art. 256 II, 265,
266a II, 266g, 266k, 266l - 266o OR.
Andere Normen können nur mittels Auslegung als zwingende erkannt werden: Der Ge-
setzgeber wollte z.B. ein vertragliches Verbot der Untermiete verhindern, wie es früher
häufig gewesen war, weshalb Art. 262 OR als zwingend anzusehen ist.
V. Nebenpflichten der Parteien

a) Allgemeines

b) Nebenpflichten des Vermieters (Art. 256a und 256b OR)
Prof. Dr. Thomas Koller
Nebenpflichten ergeben sich aus dem Vertrag und Art. 2 ZGB. Hinzu kommen gesetz-
liche Nebenpflichten, wie diejenigen aus Art. 256a OR (wohl nur für die Miete von
Wohn- und Geschäftsräumen) und Art. 256b OR. Diese Norm ist im Zusammenhang
mit Art. 257a f. OR zu sehen. (Für Fragen bezüglich des Leasings: vgl. vorne, S. 84 und
134 ff.)
c) Nebenpflichten des Mieters

aa) Zahlung der Nebenkosten(Art. 257a OR)
bb) Leistung einer Sicherheit (Art. 257e OR)
cc) Rücksichtnahme auf andere Hausbewohner (Art. 257f OR)
dd) Meldung auftretender Mängel (Art. 257g OR)
ee) Duldung der Mängelbeseitigung (Art. 257h OR)
ff) Beseitigung kleinerer Mängel (Art. 259 OR)
Kleinere Mängel muss der Mieter selbst beheben, die Grenze liegt bei ca. Fr. 100.-
VI. Die Leistungsstörungen

a) Ausgangslage (Art. 256 I OR)

b) Rechte des Mieters bei Leistungsstörungen durch den Vermieter
aa) Verzug des Vermieters (Art. 258 I OR) Bei Verzug des Vermieters kann der Mieter nach Art. 107 ff. OR vorgehen. bb) Nichterfüllung Liegt nachträgliche Unmöglichkeit vor, kann der Mieter nach Art. 107 ff. OR oder di-rekt nach Art. 97 OR vorgehen. Die praktischen Abweichungen sind gering, zumal, wenn man dem Gläubiger auch bei Art. 97 OR die Wahlmöglichkeit zwischen positi-vem und negativem Interesse (2. Wahlrecht) zugesteht. Im Zweifelsfall sollte nach den Verzugsregeln vorgegangen werden, weil der Mieter nicht auf die Leistung verzichten kann, wenn er keine Nachfrist angesetzt hat und sich herausstellt, dass keine Unmöglichkeit vorliegt. cc) Positive Vertragsverletzung durch den Vermieter Betrifft die Verletzung von nicht einklagbaren Nebenpflichten. Vgl. dazu: Skript, S. 41f. Prof. Dr. Thomas Koller Alternativ kann - falls durch die Vertragsverletzung Personenschäden usf. entstanden sind - auch nach Art. 41 bzw. 58 OR vorgegangen werden. Die Werkeigentümerhaftung erübrigt u.U. den Umweg über einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, wenn nicht der Vertragspartner (Mieter) selbst betroffen ist, sondern z.B. ein Familien-mitglied zuschaden gekommen ist. dd) Schlechterfüllung i.e.S. (Art. 258 ff. OR) α) Erhebliche Mängel bei Übergabe der Sache (Art. 258 I OR) β) Nichterhebliche Mängel bei Übergabe der Sache oder während der Mietdauer auftretende Mängel (Art. 258 II OR) χ) Übrige Schäden (Art. 259a I lit. c und 259e OR) Der Vermieter hat auch für alle andern Schäden aufzukommen, er kann sich aller-dings exkulpieren (analog Art. 97 OR). c) Rechte des Vermieters bei Leistungsstörungen durch den Mieter
aa) Zahlungsverzug des Mieters (Art. 257d OR) bb) Räumungsverzug des Mieters (Art. 267 und 267a OR) Vgl. dazu: BGE 122 III 92 KOLLER, in: AJP 1996, S. 767 ff.
cc) Verletzung der Pflicht des Mieters zur Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257f OR)
dd) Vom Mieter verursachte Bauhandwerkerpfandrechte
Lässt der Mieter die gemieteten Räumlichkeiten umbauen, entstehen – wenn der Mieter
die Handwerker nicht bezahlt – gesetzliche Bauhandwerkerpfandrechte (Art. 837
ZGB). Sind solche Pfandrechte entstanden, kann der Vermieter vom Mieter verlangen,
dass dieser die Pfandrechte durch Bezahlung der Handwerker lösche. Tut der Mieter
dies nicht, kann der Vermieter nach den allgemeinen Regeln vorgehen (Art. 102 ff.
OR).
Vgl. dazu: BGE 123 III 124
VII. „Kauf bricht Miete nicht" (Art. 261 ff. OR)

a) Problemlage

Aus der Relativität der Vertragsverhältnisse folgt, dass niemand durch einen Vertrag,
den andere unter sich schliessen, gebunden ist. Grundsätzlich wäre also der Käufer einer
Sache nicht an den Mietvertrag gebunden, den der Verkäufer mit einem andern ge-
schlossen hat.
b) Regelung im alten Mietrecht (Hinweis)
Prof. Dr. Thomas Koller Das alte Mietrecht folgte obigem Grundsatz und erlaubte dem Käufer einer Sache einen
bestehenden Mietvertrag auf den nächsten ordentlichen Kündigungstermin zu kündigen
(„Kauf bricht Miete.").
c) Regelung im geltenden Mietrecht
aa) Vertragsübergang von Gesetzes wegen (Art. 261 I OR) Nach neuem Mietrecht geht ein Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von Ge-setzes wegen – auch gegen den Willen der Parteien – auf den Käufer einer Sache über. Der alte Mieter wird mit Übergang befreit. (Nach Koller sollte der alte Mieter erst be-freit sein, wenn der Mieter die erste Kündigungsmöglichkeit nach Übergang der Sache unbenutzt lässt. Dies wäre als stillschweigende Zustimmung des Mieters zur Schuldübernahme durch den Käufer zu betrachten.) bb) Möglichkeiten der vorzeitigen Kündigung durch den Erwerber (Art. 261 II OR) Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Käufer dem Mieter auf den nächsten or-dentlichen Kündigungstermin kündigen (z.B. wegen Eigenbedarfs). Die Bestimmung dieses Termins erfolgt nach der Eintragung der Anmeldung im Tagebuch des Grundbu-ches (Art. 14a ff. und 26 GBV). Nach A. und Th. Koller sollte sich die Kündigung jedoch auf den Hauptgrundbuchein-trag stützen, da zwischen Tagebucheintrag und Hauptbucheintrag sich der Kaufvertrag als ungültig erweisen könnte. Dann wird der Hauptbucheintrag nicht vorgenommen und die Kündigung durch den Käufer wäre gegenstandslos. Möglicherweise hätte aber der Mieter dann schon Vorbereitungen zum Umzug usf. ge-troffen. Die Kündigung sollte also erst dann ausgesprochen werden dürfen, wenn die Rechtslage durch den Hauptbucheintrag geklärt ist. α) Voraussetzungen [BGE 118 II 50] (K/S 30-4) β) Schadenersatzpflicht des ursprünglichen Vermieters χ) Vertragliche Überbindung des Mietverhältnisses als Vertrag zugunsten Dritter cc) Funktion einer allfälligen Vorbemerkung des Mietvertrages im Grundbuch
VIII. Behelfe des Mieters, der die Mietsache vorzeitig nicht mehr benötigt

a) Untervermietung (Art. 262 OR)

b) Übertragung der Miete (Art. 263 OR)

c) Vorzeitige Rückgabe der Sache (Art. 264 OR)

IX. Beendigung der Miete (Art. 266 ff. OR)

a) Beendigung durch Zeitablauf
Prof. Dr. Thomas Koller b) Ordentliche Kündigung

c) Ausserordentliche Kündigung

X. Retentionsrecht des Vermieters (Art. 268 ff. OR)

a) Anwendungsbereich

b) Verhältnis des Vermieterretentionsrechts zu den Rechten Dritter an Sachen

c) Geltendmachung

I. Die Gebrauchsleihe

a) Umschreibung

b) Abgrenzungen

aa) Zur Gefälligkeit
bb) Zur Schenkung
cc) Zur Hinterlegung
dd) Zum Darlehen
c) Der Anspruch des Entlehners auf Sachübergabe

d) Die Haftung des Verleihers wegen Schlechterfüllung

e) Die Pflichten des Entlehners

f) Die Beendigung

II. Das Darlehen

a) Umschreibung (Art. 312 OR)
aa) Elemente des Vertrages bb) Gegenstand (vertretbare Sachen) Prof. Dr. Thomas Koller
b) Abgrenzungen

aa) Zur Schenkung
bb) Zur Treuhand
cc) Zum depositum irregulare
dd) Zur einfachen Gesellschaft
c) Schutz des Darleihers bei Zahlungsunfähigkeit des Borgers (Art. 316 OR)

d) Wirtschaftliche Bedeutung und Zinspflicht

e) Beendigung/Rückzahlung (Art. 318 OR)

III. Der Bankkredit

a) Unterschied zum Darlehen

b) Verhältnis zum Kontokorrentvertrag

c) Kreditsicherung
aa) Globalzession Vgl. dazu: BUCHER, in: recht 89, S. 12 ff. Skript, S. 67 ff. bb) Verpfändung von Sachen (insbesondere von Schuldbriefen) cc) Sicherung durch ein Grundpfandrecht Prof. Dr. Thomas Koller
5. TEIL: DIVERSES

A
Der Hinterlegungsvertrag

I. Die gewöhnliche Hinterlegung

a) Umschreibung

b) Retentionsrechte

c) Die Vertragsauflösung

d) Konflikte mit einem Drittansprecher

II. Die irreguläre Hinterlegung (depositum irregulare)

III. Das Lagergeschäft

a) Das Verhältnis zu Art. 472 ff. OR

b) Besonderheiten

IV. Die Sammelverwahrung

a) Schuldrechtliche Aspekte

b) Sachenrechtliche Aspekte

V. Die Gast- und Stallbewirtschaftung (pro memoria)

Die Anweisung

I. Die „gewöhnliche" Anweisung

a) Funktion

b) Terminologie

c) Grundzüge

II. Das Dokumentenakkreditiv

a) Funktion

b) Terminologie

c) Grundzüge
aa) Abstraktheit Prof. Dr. Thomas Koller bb) Dokumentenstrenge cc) Tragweite des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens eines Beteiligten Die Bürgschaft

I. Allgemeines

a) Das geltende Recht als Folge der Wirtschaftskrise der dreissiger Jahre

b) Grundzüge des geltenden Rechts

aa) Formvorschriften
bb) Materielle Schutzvorschriften
c) Rechtstatsächliche Würdigung: keine „Schuldturmproblematik" wie in
Deutschland

II. Abgrenzung zu Rechtsgeschäften mit ähnlichem Zweck (Garantie und

a) Bedeutung der Abgrenzung

b) Materielle Entscheidkriterien
Vgl. dazu: [BGE 113 II 434] (K/S 22-4) by mk. WS 1997/98

Source: http://marcelkuechler.ch/pdf/skripte/orbt.pdf

Mercury alert: cleaning up coal plants for healthier lives

Mercury Alert: Cleaning up Coal Plants for Healthier Lives Coal-fired power plants are the primary source of toxic mercury air emissions in the U.S. Mercury pollution contaminates our land and waters, causing serious human health impacts. In this report, Environmental Defense Fund identifies the top 25 emitters of mercury from the electric sector. These 25 plants alone contribute nearly a third of all mercury emissions from the electric sector while only providing 8% of our nation's electricity. In short, a large amount of toxic mercury air pollution in America is caused by a small number of power plants that have not installed readily available pollution controls that others are already using.

angliameaction.org.uk

rofessor Sir Simon Wessely – R ight or Wrong? Margaret Williams 28th October 2013 [Plus UPDATE 21st April 2014 follows below] When a professional person – especially a doctor – has repeatedly been shown to be wrong in their professional judgment and, as a direct consequence, people have been harmed, that doctor should surely be held personally responsible and accountable: in such circumstances legitimate criticism should not be dismissed as an ad hominem (personal) attack.Following the award of the inaugural John Maddox Prize to psychiatrist Professor Sir Simon Wessely for his alleged "courage" in "standing up for science" and for promoting "sound science" about ME/CFS in the face of "hostility" in doing so, a letter published on 13th January 2013 by the Countess of Mar, Professor Malcolm Hooper and Dr William Weir in The Independent on Sunday was explicit that criticism of Wessely's hypothesis about ME/CFS is scientifically legitimate:"Scientific understanding always depends upon sound evidence….For scientific understanding to prevail, the extensive biomedical evidence-base of ME/CFS must now be recognised by all researchers in the field. The idea that ME/CFS is due to a dysfunctional psyche is a hypothesis without an evidence-base. The Maddox Prize was therefore awarded to the defender of an hypothesis with no evidence-base rather than to someone who was upholding true scientific inquiry. Personal attacks against Professor Sir Simon Wessely do not advance the cause, but it is scientifically legitimate to direct criticism at the hypothesis both he and Professor White (chief Principal Investigator of the MRC's PACE trial on ME/CFS) continue to espouse". It has been shown time and again that Professor Sir Simon's published assertions about disorders such as ME/CFS, fibromyalgia, Gulf War Syndrome, the Camelford drinking water poisoning, and interstitial cystitis are simply wrong. Merely stating so is likely to result in yet more claims by him of "harassment" and "attack" upon him but, in the words of Professor Martin Bland, one of the UK's leading medical statisticians, it is important that false information should not remain on the record to be quoted uncritically by others: "Potentially incorrect conclusions, based on faulty analysis, should not be allowed to remain in the literature to be cited uncritically by others" (Fatigue and psychological distress. BMJ: 19th February 2000:320:515-516). Wessely's "incorrect conclusions", however, remain in the literature to be cited uncritically by others and therefore may result in iatrogenic harm.ME/CFSFor over 25 years Wessely's dismissal and rejection of the biomedical evidence on ME has continued unabated, even though there is substantial evidence of on-going inflammation throughout the body; systems prominently affected are the central and autonomic nervous systems, the immune system and the cardiovascular, endocrine, gastro-intestinal and musculoskeletal systems.